Wien/Bern/Rom - Die Auslieferung der Novartis-Influenzaimpfstoffe ist am Mittwoch auch in Österreich gestoppt worden. Das sagte eine Sprecherin der österreichischen Tochtergesellschaft des Schweizer Pharmakonzerns am Mittwochabend. Der Schritt sei eine reine Vorsichtsmaßnahme aufgrund der Vorgänge in Italien und der Schweiz. Das Unternehmen sei intensiv mit der Aufklärung der Hintergründe beschäftigt.

Auslieferungsstopp nach Deutschland

Auch in Deutschland handelten in Sachen Novartis-Influenza-Impfstoff am Donnerstag die Behörden. Das Paul-Ehrlich-Institut nahm vier Chargen des Grippeimpfstoffs Begripal und eine Charge des Impfstoffs Fluad zurück. An sich idente Impfstoffe müssen in einzelnen Staaten nicht den gleichen Markennamen haben.

Der Hersteller Novartis habe sich bereit erklärt, die betroffenen Chargen unverzüglich zurückzurufen. Manche der Impfstoffe zeigten "Ausflockungen", hieß es am Donnerstag bei dem Amt.

Verwendung in Italien untersagt

Zuvor hatte das italienische Gesundheitsministerium die Verwendung dreier Grippeimpfstoffe von Novartis wegen möglicher Nebenwirkungen vorläufig untersagt. Zunächst sollten neue Forschungsergebnisse abgewartet werden, hieß es in einer Mitteilung. Als Reaktion darauf ordnete das Schweizer Heilmittelinstitut Swissmedic einen sofortigen Auslieferungsstopp für zwei Novartis-Impfstoffe an.

Laut der Mitteilung aus Italien beschlossen das Gesundheitsministerium und die italienische Heilmittelbehörde AIFA das Verbot als Vorsichtsmaßnahme. Die Verwendung der Impfstoffe Agripal, Fluad und Influpozzi ist demnach ab sofort untersagt.

Auf der Grundlage von Novartis-Dokumenten entschied die AIFA, dass zunächst neue Tests über Sicherheit und Qualität der Impfstoffe erforderlich seien. Diese könnten Nebenwirkungen und unerwünschte Reaktionen hervorrufen. Die Bevölkerung wurde aufgefordert, die betroffenen Impfstoffe nicht zu kaufen und auch nicht zu verwenden.

Partikel in Spritzen

Laut ersten Abklärungen in der Schweiz erfolgte die Sperre in Italien, weil in den Spritzen weiße Partikel festgestellt wurden. Dabei könne es sich um Verklumpungen normaler Bestandteile des Impfstoffs handeln, hieß es. Betroffen sind laut dem italienischen Gesundheitsministerium 487.738 Impfdosen, in der Schweiz sind es 160.000 Impfdosen.

Novartis ist aber überzeugt, dass die Mittel nichts gesundheitsgefährdend sind, wie es in einer Aussendung in der Nacht auf Donnerstag hieß. Das Unternehmen vertraue weiterhin auf die Wirksamkeit der Impfstoffe Agrippal und Fluad.

Behördliche Informationen

Am Donnerstag stellten das österreichische Gesundheitsministerium beziehungsweise das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) behördliche Informationen zu dem Fall zur Verfügung. Es handle sich um eine reine Vorsichtsmaßnahme, hieß es: "Die Grippeimpfstoffe Fluad, Sandovac und Optaflu der Firma Novartis sind in Österreich zur Prävention der Influenza (Grippe) zugelassen. Fluad wird seit 2000 zur Influenzaprävention bei Personen ab 65 Jahren sowie bei Personen mit chronischen Krankheiten angewendet, Sandovac seit 1999 bei Erwachsenen und Kindern", teilten die Behörden mit.

"Aufgrund eines möglichen Qualitätsmangels (weiße Partikel im Impfstoff) bei den drei angeführten Impfstoffen empfiehlt das BASG, auf Alternativpräparate auszuweichen. Dies ist eine reine Vorsichtsmaßnahme, Hinweise auf eine Gefährdung für Patienten liegen derzeit nicht vor. Das BASG hat die Evaluierung der vorliegenden Daten bereits eingeleitet, der Prozess wird jedoch einige Zeit in Anspruch nehmen", hieß es.

In Österreich seien sechs andere Influenza-Vakzine auf jeden Fall verfügbar, sagte Marcus Müllner, Leiter der AGES Medizinmarktaufsicht. Das deckt sich mit den Informationen der Österreichischen Apothekerkammer, die Donnerstagfrüh bei den Marktführern des Pharmagroßhandels, Herba und Phönix, nachgefragt hatte. (APA/red, derStandard.at, 25.10.2012)