A: Gewebsschnitt aus intaktem Tumorgewebe.

Foto: Florian Kühnel

B: Gewebsschnitt aus virusbefallenem Tumorgewebe mit deutlichen Zeichen der Gewebszerstörung und Einwanderung weißer Blutkörperchen.

Foto: Florian Kühnel

Hannover - Solide Tumoren sind in hohem Maße resistent gegen Chemotherapien und besitzen zahlreiche Mechanismen, um dem körpereigenen Immunsystem zu entgehen. Eine vielversprechende Methode zur Behandlung dieser multiresistenten Tumoren ist eine gezielte Virusinfektion des Tumorgewebes, wodurch geeignete Bedingungen für nachfolgende immuntherapeutische Eingriffe geschaffen werden sollen. 

Das Leberzellkarzinom (HCC) ist weltweit eine der häufigsten Tumorerkrankungen. Jährlich sterben etwa 500.000 Menschen an dieser Krebsform. Therapien mit Aussicht auf Heilung bestehen nur für einen sehr geringen Anteil der Patienten. Ein Grund dafür ist die besondere Widerstandsfähigkeit des HCC gegenüber den gängigen Chemotherapien. 

Einen neuen Ansatz für die Therapie solider Tumoren, sehen Forscher der Medizinischen Hochschule Hannover in der gezielten Infektion von Tumorgewebe durch sogenannte onkolytische Viren. Diese Viren können sich ausschließlich in Tumorgewebe vermehren. Dabei wird das Krebsgewebe zerstört, gesunde Zellen bleiben unbeschadet. Ein weiterer Vorteil: Onkolytische Viren sind nicht nur in der Lage den Primärtumor zu zerstören, sondern auch im Körper gestreute Absiedelungen wie Lymphknotenmetastasen. Mittlerweile werden mit dieser Strategie auch in klinischen Studien vielversprechende Ergebnisse erzielt.

Viren als "Gedächtnisstütze"

Neben der direkten krebszerstörenden Wirkung rufen Viren, die sich im Tumor vermehren, auch eine starke gegen den Tumor gerichtete Immunantwort des Körpers hervor. Diese Immunantwort beruht unter anderem darauf, dass die abgetöteten Tumorzellen durch Immunzellen aufgenommen und aufgrund der viralen Bestandteile als signifikante "Gefahrenquelle" interpretiert werden. Das Immunsystem kann sich nun "merken", dass die Tumorzellen eine Gefahrenquelle sind und aktiviert Abwehrmechanismen, die sich speziell gegen die Krebszellen richten.

Eine übergeordnete Rolle im Immunsystem spielen die Dendritischen Zellen. Als Wachposten patrouillieren sie durch den Körper und alarmieren die zelluläre Immunantwort, sobald sie fremdartige Partikel - wie zum Beispiel Virenfragmente aufspüren. Um das körpereigene Immunsystem im Kampf gegen den Tumor zu unterstützen, können solche Zellen dem Körper von außen zugeführt werden. 

Die Arbeitsgruppe von Florian Kühnel von der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie der Medizinischen Hochschule Hannover konnte kürzlich zeigen, dass die Immunantwort gegen den Tumor besonders dann wirksam ist, wenn die Impfung Dendritischer Zellen kombiniert wird mit einer künstlichen herbeigeführten Virus-Infektion des Tumorgewebes. Diese Form der "Viro-Immuntherapie" hemmt sowohl den infizierten Primärtumor in der Leber als auch nicht infizierte Lungenmetastasen in ihrem Wachstum. (red, derStandard.at, 25.10.2012)