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Foto: APA/EPA/Mihan

Den ganzen großen Teil der iranischen Gesellschaft, der mit der Islamischen Republik hadert, kann das iranische Regime nicht abstrafen - aber zumindest an einigen Personen ein Exempel statuieren. Zu ihnen gehört die neue Sacharow-Preisträgerin Nasrin Sotoudeh, die seit Anfang September 2010 im berühmt-berüchtigten Evin-Gefängnis in Teheran sitzt, laut Menschenrechtsgruppen meist in Isolationshaft.

Die Menschenrechtsanwältin, die eng mit Nobelpreisträgerin Shirin Ebadi zusammenarbeitete, wurde im Jänner 2011 zu elf Jahren Gefängnis und zwanzig Jahren Berufsverbot verurteilt, für eine "Verschwörung gegen die Staatssicherheit", ein Urteil, das später auf sechs beziehungsweise zehn Jahre reduziert wurde. Sotoudeh, deren Kinder jetzt vier und zwölf Jahre alt sind, hat im Oktober einen Hungerstreik begonnen, um für ihre Rechte - Zugang zu ihrem Anwalt und zu ihrer Familie - zu kämpfen. Es ist nicht ihr erster, und ihre Gesundheit ist angegriffen.

Bekannt wurde Nasrin Sotoudeh als Kämpferin für Kinderrechte: Dabei ging es um den Schutz missbrauchter Kinder vor ihren Vätern ebenso wie um den von minderjährigen Tätern, die ihr Alter im Iran nicht vor Hinrichtung schützt. Ihr Weg ins Gefängnis begann sozusagen mit der Wiederwahl Mahmud Ahmadi-Nejads 2009: Als nach den anhaltenden Protesten die Verhaftungswelle einsetzte, stand Sotoudeh etlichen Oppositionellen als Anwältin beiseite. Bis im August 2010 die Behörden gegen sie selbst vorgingen.

Die Karriere als politische Gefangene war Sotoudeh bestimmt nicht in die Wiege gelegt, sie stammt aus einer religiösen, konservativen Mittelstandsfamilie. Nach dem Jusstudium fand die 1963 Geborene erst einmal Arbeit beim Staat, im Rechtsbüro des Wohnbauministerium. Danach arbeitete sie bei der staatlichen Tejarat-Bank. 1995 legte sie die Rechtsanwaltsprüfung ab, da war sie bereits an Frauenthemen interessiert, denn sie versuchte zu diesem Thema zu publizieren, ohne viel Erfolg. Aber als Anwältin erregte sie bald Aufmerksamkeit.

Unterstützung bekommt Nasrin Sotoudeh von ihrem Gatten Reza Khandan, der auch dafür sorgt, dass die Öffentlichkeit sie nicht vergisst. Sotoudeh hat ihn einmal als "wirklich einen modernen Mann" bezeichnet, der ihr in allem zur Seite stehe. Nun muss er die Kinder allein großziehen. Der Sacharow-Preis wird sie nicht nach Hause bringen. (Gudrun Harrer/DER STANDARD, 27.10.2012)