Wien - Polizeigewalt bei Demonstrationen gegen die Sparmaßnahmen in der EU nimmt zu. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International veröffentlichte dazu einen Kurzbericht, in dem Fälle aus Griechenland, Spanien und Rumänien dokumentiert wurden. Gleichzeitig wurden umfangreiche Empfehlungen für Sicherheitskräfte zur Überwachung von Demonstrationen abgegeben. Sichtbare Dienstnummern forderte Amnesty auch für Polizisten in Österreich, hieß es in einer Aussendung vom Mittwoch.

Laut dem Bericht sei es während der Proteste in EU-Ländern zu exzessiver Polizeigewalt sowohl gegen Demonstranten als auch Journalisten gekommen. Sogenannte „nichtletale Waffen", wie Gummigeschoße und Tränengas seien gegen friedliche Demonstranten eingesetzt worden, auch willkürliche Festnahmen und die Verweigerung medizinischer Versorgung von Verletzten hätten die Behörden zu verantworten. Amnesty International forderte daher die Regierungen in Griechenland, Rumänien und Spanien auf, alle Vorwürfe zu untersuchen und Maßnahmen zu ergreifen, um solche Menschenrechtsverletzungen in Zukunft zu verhindern.

Versammlungsfreiheit

„Ja natürlich, die Polizei ist für den Schutz der öffentlichen Sicherheit verantwortlich. Aber gleichzeitig ist es ihre Aufgabe sicherzustellen, dass in ihrem Zuständigkeitsgebiet die Menschen ihr Recht auf Versammlungsfreiheit ungehindert wahrnehmen können", meinte Heinz Patzelt, Generalsekretär von Amnesty International Österreich.

Vor allem solle auf Deeskalation, Gewalt- und Schadensbegrenzung und die Wahrung der Rechte der Demonstranten gesetzt werden, forderte Amnesty. So verlange Amnesty etwa die Identifizierbarkeit von Polizisten durch das sichtbare Tragen der Dienstnummer oder dass weder Schlagstöcke noch chemische Reizstoffe wie Tränengas gegen friedlich demonstrierende Personen eingesetzt werden.

Auch für Österreich erneuerte die Menschenrechtsorganisation die Forderung nach einer Identifizierbarkeit von Polizisten. Konkret solle die Dienstnummer gut sichtbar auf Rücken und Brust getragen werden, der Name des Polizeibeamten bleibe aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes anonym. „Identifizierbarkeit schafft Verantwortung im Handeln", begründete Patzelt diese Forderung.

„Die Polizei muss den Grad zwischen Wahrung der Versammlungsfreiheit und der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit meistern. Halten sie sich an internationale Standards und bewährte Richtlinien zur Überwachung von Demonstrationen, gelingt es auch", so Patzelt abschließend.

Attac: Polizeigewalt als "Regelfall"

Thanos Contagyris, Vertreter Griechenlands im europäischen Attac-Netzwerk, erklärt: „Die Fakten des Amnesty-Reports bestätigen, was wir alle seit Mai 2010 bei den vielen Demonstrationen gegen die Kürzungspolitik beobachten. Polizeigewalt ist zum Regelfall geworden. Der zweimalige Tränengasangriff auf den populären 90jährigen Widerstandskämpfer Manolis Glezos ist nur einer der bekanntesten Fälle. Die unveröffentlichten Übergriffe sind zahlreich und nehmen weiter zu. Ich selbst habe erlebt, wie es Polizisten von ihren Vorgesetzten überlassen wurde nach eigenem Ermessen gewaltsam gegen Demonstranten vorzugehen, Jene, die die Vorgesetzten auf diese Übergriffe hinwiesen wurden verhaftet." Auch Attac Spanien verurteilt die zahlreichen brutalen Polizeiaktionen bei friedlichen Demonstrationen. (APA, red, 24.10.201)