Wien - Neue Blutgerinnungshemmer verfälschen die Ergebnisse von Labortests, die Veränderungen könnten als Krankheiten fehlgedeutet werden. Dies erklärte Walter-Michael Halbmayer, Facharzt für Labordiagnostik und Humangenetik im Krankenhaus Wien-Hietzing heute bei einer Pressekonferenz anlässlich der vierten Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Laboratoriumsmedizin und Klinische Chemie (ÖGLMKC). Deshalb müsse der Blut abnehmende Arzt dem Untersuchungslabor unbedingt mitteilen, ob der "Blutspender" solche Medikamente einnehme.

Die sogenannten "neuen" oder "direkten" oralen Antikoagulanzien (NOAC, bzw. DOAC) würden die Blutgerinnung direkt bremsen oder blockieren, erklärte Halbmayer: "Sie können bei Erkrankungen, die mit einer Gerinnselbildung des Blutes zu tun haben, wie bei Thrombosen und Lungeninfarkt, oder zur Schlaganfallvorbeugung bei Herzrhythmusstörungen eingesetzt werden".

Labor informieren

Die in Österreich gebräuchlichen Gerinnungstests würden allerdings von den neuen Medikamenten verfälscht, sagte Halbmayer: "Damit können sie eine krankhafte Veränderung des Gerinnungssystems vortäuschen." Deshalb sei es bei der Blutuntersuchung wichtig, dass das Labor weiß, ob der Patient solche Medikamente einnimmt, und wenn ja, um welche es sich handelt und wie lange vor der Blutabnahme sie zuletzt genommen wurden.

Dass bei den neuen Gerinnungshemmern kein Labormonitoring vorgesehen ist und nur bei Einzelfällen wichtig sein könnte, nennt Halbmayer einen "Paradigmenwechsel, der ein Umdenken bei den Medizinern erfordert". Für ihren Nachweis in den Patienten, die sogenannte Wirkspiegelmessung, würden die traditionellen "Wald-und-Wiesen"-Methoden nicht funktionieren, spezielle, empfindlichere Messungen wie Massenspektrometrie seien notwendig.

In der Praxis

Die Massenspektrometrie (MS) ist in der Forschung Standard, doch erst seit etwa zehn Jahren wäre sie so zuverlässig, dass sie auch in der Klinik verwendbar ist, sagte Christoph Seger, Technischer Leiter des Bereichs Massenspektrometrie und Chromatografie des Zentralinstituts für Medizinische und Chemische Labordiagnostik der Universitätskliniken Innsbruck. Die Methode sei oft "richtiger und genauer" als andere Techniken und ermöglicht es, viele Stoffe gleichzeitig zu messen. Bei vielen Medikamenten gäbe es derzeit keine alternative Methode. Seger prophezeite, dass sich das MS-Analyseangebot mit der nächsten Gerätegeneration ausweitet: "So wie eine Ganzkörper-Computertomografie (CT) wird es ein MS-Medikamentenscreening geben, wenn Patienten in einer Notfallsituation ins Spital kommen".

Die vierte Jahrestagung der ÖGLMKC findet vom 6. bis 10. November in Salzburg statt. Die Gesellschaft erwartet mehr als 300 Experten aus der Labormedizin, die etwa zu den Themen Gerinnung, humangenetische Diagnostik und Ethik, Massenspektrometrie, Tumormarker und Zivilisationskrankheiten tagen werden. (APA, 30.10.2012)