Bild nicht mehr verfügbar.

Was bewirken Computerspiele ins uns? Jugendliche Zocker bei der 'Games Convention' in Leipzig.

Foto: dpa/Waltraud Grubitzsch

Wien - Wenn im Hof des Wiener Rathauses Zombies herumtorkeln, ist keineswegs die Apokalypse ausgebrochen. Vielmehr hat die Game City, Österreichs größte Videospielmesse, ihre Pforten geöffnet: Mehr als ein Dutzend Spielehersteller und rund 60.000 Besucher, darunter einige als ihre Spielhelden verkleidet, finden sich jährlich zusammen, um ihr gemeinsames Hobby zu zelebrieren. Interessierte können hier neue Spiele "anzocken", Pro-Gamer treten bei den Staatsmeisterschaften gegeneinander an, und es werden sogar wissenschaftliche Vorträge über Videospiele abgehalten.

Doch was bewirken Computerspiele eigentlich in uns? Wenn Jugendliche Amok laufen oder Gewaltverbrechen begehen, werden von Boulevardmedien oft Gewaltspiele als Sündenbock herangezogen. Um dieser Frage einmal wissenschaftlich nachzugehen, traf sich heuer eine Fachtagung.

Dass Spiele auch positive Auswirkungen haben können, beweist das Online-Game World Without Oil , bei dem die Spieler mit einer Ölknappheit konfrontiert werden. Als Regierungsvertreter der Vereinigten Staaten müssen sie versuchen, das Land mit immer weniger Öl am Laufen zu halten. Mithilfe authentischer Videoberichte aus den "betroffenen Städten" versucht das Spiel, möglichst realistisch zu wirken. Das Erstaunliche dabei: Studien belegen, dass sich das Umweltbewusstsein der Spieler von World Without Oil nachhaltig veränderte.

Mission: Zivilisten töten

Wesentlich provokanter erscheint das Spiel September the 12th: Der Spieler hat die Aufgabe, islamistische Extremisten zu erschießen. Schier unmöglich, denn für jeden toten Terroristen kommen mindestens zwei neue nach. Was zunächst islamfeindlich wirkt, soll tatsächlich eine Kritik an der Reaktion der US-Regierung auf den 11. September 2001 sein. Der einzige Weg, das Spiel zu "gewinnen", ist, es umgehend abzubrechen. Spiele, die dem Spieler eine bestimmte Botschaft überbringen wollen, werden "persuasive games" genannt.

Und wie verhält es sich mit blutigen Ego-Shootern wie etwa Modern Warfare 2, bei dem der Spieler in einer Mission dazu aufgefordert wird, Zivilisten zu töten? Laut Jeffrey Wimmer, Professor an der Technischen Universität Ilmenau, können solche Spiele zwar kurzfristige Aggressionen beim Spieler auslösen, verursachen jedoch keine Amokläufe oder Gewalttaten. Ihm ist es wichtig, die Prägekraft von Videospielen anzuerkennen, diese jedoch nicht überzubewerten.

Für Felix Schröter vom Institut für Medien und Kommunikation der Universität Hamburg ist der Akt des Computerspielens allein noch keine moralisch verwerfliche Entscheidung, auch wenn die Inhalte eines Spiels abzulehnen sind. Erst wenn sich der Spieler bewusst den Regeln eines Spiels widersetzt, also etwa beim Beispiel Modern Warfare 2 die Zivilisten beschützt und nicht tötet und so die Spiellogik ad absurdum führt, handelt er moralisch.

Während "persuasive games" eine politische Botschaft haben, wollen Ego-Shooter vor allem eins: Spaß machen. Das bestätigt der 13-jahrige Fabian, Besucher der Game City: Auch ihm ist die Mission von Modern Warfare 2 negativ aufgefallen - an seinem unterhaltsamen Spielerlebnis und seiner generellen Einstellung zu Computerspielen hat das allerdings nichts geändert.

Ein Spiel ist eben doch nur ein Spiel. (Max Miller, DER STANDARD, 31.10.2012)