Bild nicht mehr verfügbar.

Ein Bild aus dem Viertel al-Kussur in Homs zeigt die Verwüstungen, die die Luftangriffe der syrischen Armee angerichtet haben. Auch andere Städte Syriens wurden bombardiert.

Foto: AP/Homsi

Der Syrische Nationalrat hat damit endgültig ausgedient.

 

Damaskus/Washington/Wien - Es ist ruhig geworden um die syrische Opposition im Ausland: so ruhig, dass die USA sich jetzt aktiv in einen neuen Versuch einbringen, eine repräsentative Gruppe von syrischen Regimegegnern zusammenzustellen, die auch tatsächlich eine Chance hätte, nach dem Fall des Assad-Regimes provisorisch die Geschäfte zu übernehmen. Kommende Woche findet in Doha in Katar - das einer der wichtigsten Unterstützer der Rebellen ist - ein Treffen statt, das der Opposition ein neues Gesicht geben soll, laut Guardian in Form eines 51-köpfigen "National Initiative Council" genannten Gremiums.

Also NIC anstatt SNC: Jene Organisation, die zu Beginn des Aufstands mangels Alternativen am meisten Aufmerksamkeit (und Geld) auf sich zog, der Syrian National Council, wurde innerhalb Syriens, besonders bei den Kämpfern, nie wirklich akzeptiert: Exilanten mit wenig Beziehung zu den syrischen Realitäten, hieß es. Andere warfen der zuerst von Sorbonne-Professor Burhan Ghalioun und nun vom Kurden Abdelbasset Sida geführten Gruppe vor, eine Frontorganisation für die syrische Muslimbruderschaft zu sein. In den vergangenen Monaten verließen etliche prominente Mitglieder die Gruppe.

US-Außenministerin Hillary Clinton stellte den SNC vor ein paar Tagen klar aufs Abstellgleis, als sie während ihrer Balkan-Reise sagte, dass "der SNC nicht mehr als sichtbarer Führer der Opposition" gelten könne. SNC-Mitglieder werden jedoch etwa ein Drittel der NIC-Sitze einnehmen. Laut New York Times versuchen die USA - oder die Arabische Liga, die das Treffen organisiert -, Repräsentanten der kämpfenden Rebellen nach Doha zu bringen. Frühere Versuche, die disparaten Lager der Opposition zu vereinen, sind jedoch immer gescheitert.

Hinter den neuen Bemühungen steht die Erkenntnis, dass man für den Moment, in dem das Regime stürzt, nicht vorbereitet ist. Analysten gehen davon aus, dass ein unverhandelter Abgang Assads die Kämpfe nicht beenden würde: Es käme zu Vergeltungsaktionen an bestimmten Gruppen, allen voran den Alawiten, die schon deshalb weiterkämpfen würden. Ein aktuelles Youtube-Video scheint zu bestätigen, dass auch auf Rebellenseite Kriegsverbrechen begangen werden.

Aber auch die Rebellengruppen selbst könnten gegeneinander die Waffen erheben. Machtkämpfe unter den Siegern sind zu erwarten. Dazu kommen die jihadistischen Elemente des Aufstands, die sich gegen alle Versuche, eine neue Ordnung zu errichten, wenden würden. In Syrien hat man es längst mit einem multidimensionalen Konflikt zu tun. Dass die Opposition zum Teil diese Gefahren schlicht verleugnet, macht sie umso größer.

Zwar weist auf dem Schlachtfeld nichts darauf hin, dass das Ende bevorsteht, aber die Sorge, dass sich die Ereignisse überstürzen, hat nun sogar China veranlasst, einen Übergangsplan vorzulegen. Einen Abgang Assads sieht er nicht explizit vor, er dürfte demnach bei der Opposition keine großen Chancen haben. Auch Russland ist weiter der Meinung, Assad solle in eine Übergangslösung eingebunden werden.

Die Enthüllung des NIC dürfte mit Absicht so gelegt worden sein, dass sie kein Thema im US-Wahlkampf mehr sein kann. Es heißt, dass der erst im August abgesprungene syrische Premier Riyad Hijab im NIC sitzen soll. Der Unternehmer, Abgeordnete und Dissident Riad Seif, der Syrien erst im Juni 2012 verließ, soll für eine Führungsrolle vorgesehen sein. (Gudrun Harrer /DER STANDARD, 3.11.2012)