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Bischof Tawadros ist neuer Patriarch der ägyptischen Kopten.

 

Foto: EPA/Elfiqi

Kairo - Der Bischof von Beheira im Nil-Delta, Tawadros, wird neuer Patriarch der ägyptischen Kopten. Der Name des 60-jährigen Geistlichen wurde am Sonntag bei einer Zeremonie in der Markus-Kathedrale von Kairo von einem Knaben mit verbundenen Augen aus einem gläsernen Kelch gezogen, der mit rotem Wachs versiegelt war und auch die Namen des Kairoer Bischofs Raphael und des Mönchs Raphael Awa Mina enthielt.

Diese drei Kandidaten waren Anfang der Woche von einer Versammlung aus Geistlichen und Laien mit 2.500 Mitgliedern in den engsten Kreis der möglichen Nachfolger von Patriarch Shenouda III. (Schenuda) gewählt worden, der vor siebeneinhalb Monaten nach mehr als 40-jähriger Amtszeit gestorben war. Tawadros wird das 118. Kirchenoberhaupt sein.

Sorgen wegen zunehmender Islamisierung

Die Kopten machen etwa zehn Prozent der 83 Millionen Ägypter aus, die zum größten Teil sunnitische Muslime sind. Damit sind die Kopten die größte christliche Gemeinschaft im Nahen Osten. Derzeit bereitet ihnen die zunehmende Islamisierung Ägyptens Sorgen. Immer wieder kommt es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen ihnen und der muslimischen Mehrheit.

Tawadros (auch: Tawadrous) wurde 1952 in Mansour geboren und hat den bürgerlichen Namen Wagih Sobhy Baky Soliman. Er studierte in Alexandria Pharmazie. Nach dem Abschluss wurde er Geschäftsführer der Staatlichen Pharmazeutischen Werke Damanhour.

1986 trat er in das Anba-Bishoy-Kloster ein, wo er 1988 die Ewigen Gelübde ablegte und die Mönchsweihe erhielt. 1989 wurde er zum Priester geweiht. 1997 wurde Tawadros von Past Shenouda III. zum Generalbischof (Weihbischof) in Damanhour-Beheira geweiht und stand in dieser Funktion dem 76-jährigen Metropoliten Bakhomios zur Seite.

Tawadros gilt als aufgeschlossen

Der neue Patriarch von Alexandrien und ganz Ägypten wird am 18. November in sein Amt eingeführt. Er gilt als aufgeschlossener Akademiker. In einem Interview hob der Bischof jüngst die große Bedeutung des Zusammenlebens von Christen und Muslimen in Ägypten hervor.

Im September hatte Tawadros in Wien das "Pope Shenouda College" eröffnet. In seiner Ansprache erinnerte er u.a. an die theologische Tradition der koptischen Kirche. Alexandria sei in der Antike das wichtigste Wissenschafts- und Bildungszentrum der Mittelmeerwelt gewesen. Akademische Bildung sei neben Märtyrertum und Mönchtum eine von drei Säulen der koptischen Kirche, so Tawadros.

Seit dem Niedergang und Ende der Mubarak-Ära in Ägypten und dem Vormarsch der Islamisten hat die Gewalt gegenüber Christen dort deutlich zugenommen. So waren Anfang 2011 vor einer Kirche in der Hafenstadt Alexandria in der Silvesternacht mehr als 20 Menschen bei einem Bombenanschlag getötet worden. Im Oktober desselben Jahres kamen bei blutigen Zusammenstößen zwischen Kopten und Muslimen in Kairo 26 Menschen, überwiegend Christen, ums Leben.

Meldungen über Kopten-Vertreibung häufen sich

Seit dem politischen Aufstieg der Muslimbruderschaft, aus deren Reihen der neue Präsident Mohammed Mursi kommt, häufen sich außerdem Meldungen über die Vertreibung von Kopten aus ägyptischen Dörfern und Städten. Zuletzt tauchten im Grenzort Rafah auf der Sinai-Halbinsel Flugblätter mit dem Aufruf auf, alle Christen zu verjagen. Für Aufsehen sorgte auch die vorübergehende Festnahme zweier christlicher Kinder wegen Gotteslästerung. Sie sollen einen Koran beschädigt haben.

Gottesdienst und Zeremonie am Sonntag in Kairo waren von massiven Sicherheitsvorkehrungen begleitet. Ausgewählt wurde zunächst ein Kind, das in einem Losverfahren "Gottes Willen" umsetzen und den neuen Papst bestimmen sollte. Der Bub, Bischoi Girgis Musaad, zog schließlich den Namen Tawadros'. Die Bewerber warteten unterdessen in einem Wüstenkloster in Wadi Natrun auf die Verkündung des Ergebnisses.

Die koptische Kirche wurde der Überlieferung nach vor rund 2.000 Jahren vom Evangelisten Markus in Ägypten gegründet. Die eigentliche, separate koptisch-orthodoxe Kirche entstand nach dem Konzil von Chalkedon (Chalcedon) im Jahre 451, wo der Patriarch von Alexandria - der Kopten-Papst trägt weiterhin diesen Titel - im Dogmenstreit um die Natur Jesu Christi unterlag. Mit der Islamisierung im 7. Jh. konvertierten viele Kopten zum Islam oder wurden zwangs-islamisiert. (APA, 4.11.2012)