Die Dialyse übernimmt Entgiftungs- und Wasserausscheidungsfunktionen schwer geschädigter Nieren.

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Die Indikation für Dialysebehandlung bei Patienten mit chronischer Nierenerkrankung ist relativ klar umrissen. Die Arbeit der Nephrologen unterliegt einer ständigen Qualitätskontrolle. Leider hat ein Vorfall in Aurich (Ostfriesland) bestätigt, dass auch ohne hinreichende Indikation Dialysebehandlungen durchgeführt wurden. Die Deutsche Gesellschaft für Nephrologie e.V. (DGfN) wirkt an der vollständigen Aufklärung nachdrücklich mit.

Dialyse rettet jeden Tag weltweit vielen Menschen das Leben, indem sie Entgiftungs- und Wasserausscheidungsfunktionen schwer geschädigter Nieren weitgehend ersetzt. Bei einer glomerulären Filtrationsrate (GFR) unter 15 ml/min/1,73m2 kann bei chronisch nierenkranken Patienten ein Dialysebeginn in Erwägung gezogen werden, besonders dann, wenn klinische Symptome der Harnvergiftung wie Übelkeit, nicht beherrschbarer Bluthochdruck, Elektrolytentgleisungen, extremer Juckreiz oder abnehmende Leistungsfähigkeit es erfordern.

Bei der Mehrzahl der Patienten wird mit der Dialysebehandlung allerdings erst begonnen, wenn die GFR bereits deutlich niedriger liegt (d.h. zwischen 5 und 7 ml/min/1,73 m²). Die meisten Betroffenen entwickeln erst dann "Vergiftungserscheinungen", die eine regelmäßige Blutwäsche erforderlich machen, auch um schwere Schädigungen anderer Organe zu verhindern. 

Rasche Besserung der Symptome

Diese Patienten erleben durch die Dialyse eine rasche Verbesserung ihres Zustandes - Symptome wie Übelkeit und Schwäche und mitunter auch Verwirrtheitszustände verschwinden. Eine früherer Dialysebeginn, bevor erste klinische Symptome der Urämie auftreten, bringt keine Vorteile: Studien (Cooper BA et al. N Engl J Med 2010;363:609-619) haben gezeigt, dass Patienten nicht von einem "präventiven" Beginn der Dialysebehandlung im Hinblick auf Überleben oder Morbidität profitieren. Nur bei einer kleinen Gruppe von Patienten, die nicht nur nieren-, sondern gleichzeitig auch schwer herzkrank sind und trotz optimaler medikamentöser Therapie immer wieder in der Klinik behandelt werden müssen, ist ein Dialysebeginn oberhalb einer GFR von 15 ml/min/1,73m2 indiziert.

Ein weiteres Kriterium für den Zeitpunkt des Dialysebeginns ist der Patientenwille. Die medizinische Notwendigkeit einer Dialysebehandlung wird im Vorfeld mit dem Patienten und seinen Angehörigen besprochen, so dass er letztlich auch Einfluss auf den Therapiebeginn nehmen kann. Die meisten Patienten möchten den Dialysebeginn möglichst weit hinausschieben und sehen die medizinische Notwendigkeit erst ein, wenn die klinischen Symptome "erdrückend" sind. (red, derStandard.at, 5.11.2012)