Ljubljana/Belgrad/Sarajevo - Slowenien und Serbien müssen für die Rückerstattung von Spareinlagen bei den Filialen der slowenischer Ljubljanska banka (LB) und der serbischen Investbanka im Ausland aufkommen. Dies hat laut der Tageszeitung "Oslobodjenje" der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) beschlossen.

Bei dem am Dienstag veröffentlichen Urteil, der Aufgrund einer Klage bosnischer Sparer gefasst wurde, handelt es sich konkret um die Spareinlagen bei der LB-Filiale in Sarajevo. Der Staat muss demnach binnen sechs Monaten, nachdem das EGMR-Urteil rechtskräftig wird, den Klägern und allen anderen Sparern ihre Deviseneinlagen unter gleichen Bedingungen auszahlen wie dies mit jenen Personen der Fall war, die ihre Spareinlagen bei den Zweigstellen von LB in Slowenien hatten.

Berufung

Slowenien hat Berufung gegen das Urteil des EGMR angekündigt. "Die Entscheidung ist unbegründet", sagte der slowenische Außenminister Karl Erjavec. Er wiederholte die Position Sloweniens, dass die Frage im Rahmen der Sukzessionsverhandlungen für das frühere Jugoslawien gelöst werden müsse. Demnach hätten die aus den ehemaligen Teilrepubliken neugegründeten Staaten die Verantwortung für Deviseneinlagen auf ihrem Gebiet übernommen.

Die Forderung nach einer Systemlösung in der Frage der Rückerstattung von Spareinlagen aller ex-jugoslawischen Sparer der LB bringt ein neues Moment in die langjährigen Streitigkeiten zwischen den Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawiens. Der jüngst aufgeflammte Bankendisput zwischen Slowenien und Kroatien führte neulich zu einer Blockade der Ratifizierung des kroatischen EU-Beitrittsvertrags durch Ljubljana.

Zagreb freut sich

In Zagreb wurde das Urteil positiv aufgenommen. Der EGMR habe mit dem Urteil "eindeutig die Verantwortung Sloweniens festgestellt", wurde das Außenministerium in Zagreb von der slowenischen Nachrichtenagentur STA zitiert. Die ehemalige Regierungschefin Jadranka Kosor erwartet, dass das Urteil die Position Kroatiens in dem ungelösten Konflikt mit Slowenien erleichtern werde, meldete die kroatische Tageszeitung "Vecernji list".

Anders als Ljubljana stand Zagreb bisher auf der Position, dass es sich dabei um eine bilaterale Frage handelt. Spareinlagen seien privatrechtliche Ansprüche gegenüber der LB, die nichts in den Verhandlungen über die Rechtsnachfolge Jugoslawiens verloren hätten.

Der slowenische Außenminister betonte unterdessen, dass das Urteil keinen Einfluss auf die offene Frage zwischen Slowenien und Kroatien haben werde. Das Urteil befasst sich nämlich mit den Sparern aus Bosnien-Herzegowina und dazu mit jenen Einlagen, die in der LB-Zweigstelle behalten wurden. Der Streitpunkt in dem jüngst aufgeflammten Disput zwischen Ljubljana und Zagreb sind aber Einlagen, die von den Sparern auf kroatische Banken übertragen worden sind.

Sie bekamen ihr Geld von kroatischen Banken ausbezahlt, wofür der kroatische Staat garantierte. Kroatische Banken wollen nun diese Deviseneinlagen von der LB und ihrer Nachfolgering NLB (Nova Ljubljanska Banka) einklagen.

Der EGMR hat in einem ähnlichen Fall von kroatischen LB-Sparern im Jahr 2008 die Klagen zurückgewiesen. In Straßburg klagen derzeit noch 30 kroatische Sparer. Deren Anwalt zeigte sich überzeugt, dass dieses Urteil auch andere Entscheidungen im Zusammenhang mit der LB beeinflussen werde.

Die staatliche slowenische LB ging während des Krieges beim Zerfall Jugoslawiens in den 90er Jahren bankrott. Rund die Hälfte ihrer kroatischen Sparer hatte ihre Einlagen in der Höhe von 272 Millionen Euro an kroatische Banken übertragen.

Etwa 132.000 Devisensparer behielten aber die Einlagen bei der LB Zagreb und haben ihr Geld nie zurückbekommen. Diese Einlagen belaufen sich samt Zinsen auf 187 Mio. Euro. Im Fall von Bosnien handelt es sich um rund 165.000 Sparer, die insgesamt 90 Mio. Euro fordern. (APA, 6.11.2012)