Graz - Eine Grazerin die als Mitarbeiterin bzw. Obfrau einer angeblichen Hilfsorganisation agierte, ist wegen Verdachts des schweren Betruges festgenommen worden. Der 53-Jährigen wird vorgeworfen, überwiesenes Spendengeld für sich selbst verwendet zu haben. Es geht um etwa 107.000 Euro, mögliche weitere Geldflüsse, die länger zurückliegen, nicht mitgerechnet.

Die Frau, laut Berufsbezeichnung Künstlerin, war nach einer Information der Landespolizeidirektion und der Staatsanwaltschaft vom Mittwoch seit 2008 für den Verein "Österreichisches Blindenhilfswerk (ÖBHW)" tätig. Der Verein schloss einen Vertrag mit einer Promotionfirma ab, die von Tür zu Tür Spendenabonnenten warb. Insgesamt lief auf diese Art ein Betrag von etwa 107.000 Euro auf Vereinskonten ein. Der Verein war nicht nur in der Steiermark, sondern auch im Burgenland und Kärnten aktiv.

Drei Konten waren leergeräumt

Wie die Ermittlungen und eine Sachverständigenprüfung zeigten, wurden die Spendengelder, die laut Vereinshomepage als Soforthilfe und Unterstützung etc. für blinde und stark sehbehinderte Menschen gedacht waren, nicht bestimmungsgemäß verwendet. Drei dem Verein zuzuordnende Konten, die geöffnet wurden, waren leergeräumt. Ermittler und Anklagebehörde gehen davon aus, dass die 53-Jährige ihren Lebensunterhalt aus den Geldern bestritt.

Wie der Blinden- und Sehbehindertenverbandes Steiermark (BSVst) am Mittwoch in einer Aussendung festhielt, habe es in Zusammenhang mit den Aktivitäten des Österreichischen Blindenhilfswerkes (ÖBHW) 2008 bereits eine Verurteilung - zu bedingter Haft - gegeben. Damals hatte allerdings die Beweislage gegen die nunmehr in Haft genommene nachmalige Vereinsobfrau nicht ausgereicht, das Verfahren war eingestellt worden.

Schaden für Blinden- und Sehbehindertenverband

"Wir befinden uns in einer Dilemmasituation, weil die verknappte Berichterstattung 'Blinde und Spenden ist gleich Missbrauch' uns auf den Kopf fällt", beklagte Michi Bachler, Sprecher des BSVst. Der Blinden- und Sehbehindertenverband Steiermark sei eine Selbsthilfeorganisation, die sich seit 1921 für die Lebensqualität von blinden und sehbehinderten Menschen einsetze. Man finanziere sich zu deutlich über 70 Prozent aus Spenden, verfüge über das Spendengütesiegel und veröffentliche regelmäßig Tätigkeitsberichte, auch auf der Website. Durch Verwechslung mit dem ÖBHW sei dem Verein imagemäßig großer Schaden entstanden.

Die Verdächtige, die wegen Tatbegehungsgefahr in U-Haft genommen wurde, zeigte sich bei den Vernehmungen nicht geständig und wies jede Schuld von sich. Sie muss nun mit einer Anklage wegen schweren Betruges rechnen. Der Verein bediente sich weiterer Spendensammler, gegen die laut Staatsanwaltschaft aber nicht ermittelt werde, weil sie in gutem Glauben gehandelt hätten. (APA, 7.11.2012)