Es ist wie beim heiteren Beruferaten. Borut Pahor spielt mal den Gärtner und trimmt in blauer Arbeitshose den Rasen, dann verkauft er Fleisch, erntet auf dem Feld Kohl, holt Müll ab oder steckt Grünzeug in Grabkränze. "Wir sind Pioniere", kommentiert der ehemalige Premierminister, der nun Präsident werden will, seine Wahlkampfauftritte. Pahor wirkt angesichts der schweren Krise des Landes geradezu hyperaktiv.
Es kann gut sein, dass der Sozialdemokrat in die Stichwahl am 2. Dezember kommt. Doch gegen den ebenfalls linksgerichteten Amtsinhaber Danilo Türk hat er keine Chance. Das hat sogar etwas Tragisches. Denn es war Pahor, der den 2007 noch weitgehend unbekannten UN-Diplomaten Türk ins Amt hievte und damals selbst auf eine Kandidatur verzichtete.
Klarer Favorit
Während Pahor nun im Wahlkampfvideo lässig auf dem roten Teppich einer Präsidententreppe sitzt, als hätte er sie gerade gekehrt, kann Türk ganz den Staatsmann geben, der auf ihr herunterschreitet. Und dafür wird er wohl auch wiedergewählt werden. Der 60-Jährige liegt in allen Umfragen bei über 40 Prozent.
Dem einzigen Kandidaten der Rechten, dem 50-jährigen Milan Zver, prognostizieren die Meinungsforscher um die 15 Prozent. Der eigentlich liberale Zver setzt in der Kampagne auf Heimatbewusstsein. Doch trotz seiner nationalen Offensive hat er keine Chance. Er gilt einfach als zu nahe an der Regierung. Und auf diese sind im Moment viele Slowenen sauer. Angesichts der Rezession von etwa zwei Prozent, der Sparmaßnahmen, der Pensions- und Arbeitsmarktreform und der steigenden Arbeitslosigkeit sind die Präsidentschaftswahlen auch ein Ventil, um Zorn und Angst abzuleiten. "Ich bin eigentlich ein Rechter, aber ich wähle trotzdem Türk", sagt etwa Joze Novak, der durch das Zentrum von Maribor schlendert.
Novak hat 2008, zu Beginn der Krise, als viele Bauunternehmer pleitegingen, die Immobilienblase platzte und die mehrheitlich staatlichen Banken in den Abwärtssog gerieten, seinen Job verloren. Mittlerweile arbeitet er in Österreich. Er glaubt nicht mehr an sein Land: "Die Gerichte hier haben nicht einmal mehr Geld, Briefe zuzustellen. Slowenien ist kurz vor dem Ende. In zwei Jahren ist hier alles vorbei."
Auch Blaz Bezensek, Kellner in der Alternativbar Tildo's, gleich in der Nähe des Theaters, will für Türk stimmen - wenn er überhaupt wählen geht: "Türk sagt wenigstens etwas gegen diese Politik, obwohl er natürlich nichts dagegen machen kann. Eigentlich brauchen wir keine Präsidentschafts-, sondern Parlamentswahlen, damit wir einen neuen Premier bekommen."
In Slowenien, dem ehemaligen Musterschüler der neuen EU-Staaten, sind die Menschen verunsichert, ob Premier Janez Jansa den staatlichen Bankensektor sanieren kann und verhindern wird, dass Slowenien unter den Eurorettungsschirm schlüpfen muss. Nach der jüngsten Dollaranleihe über umgerechnet 1,72 Mrd. Euro hat sich die Regierung etwas Zeit erkauft. Doch wenn die Opposition die Bankensanierung per Referendum zu Fall bringt, wird es eng für Jansa. Die Präsidentschaftswahlen sind ein Stimmungsbarometer. Und die Stimmung ist depressiv bis apathisch.
Jansas Gegenspieler
Die Wahlen werden vermutlich auch die veränderte politische Landschaft reflektieren. Seit dem Scheitern der Mitte-links-Regierung von Pahor 2011 und den vorgezogenen Parlamentswahlen ist eine neue Partei namens Positives Slowenien stärkste Kraft. Nicht von ungefähr wird Türk vom Chef dieser Partei, Zoran Jankovic, unterstützt. Der Bürgermeister von Ljubljana bekam im Vorjahr mit seiner Partei auf Anhieb die meisten Stimmen, brachte aber keine Regierung zustande. Ein Sieg Türks wäre jedoch eine weitere Bestätigung für Jankovic, der nur darauf wartet, dass die rechte Regierung an der Krise zerbricht.
Türk selbst mischt sich durchaus in die Tagespolitik ein, plädiert etwa dafür, die Pensions- und Arbeitsmarktreform mit den Sozialpartnern zu "harmonisieren", oder warnt davor, zu sehr auf Einsparungen und zu wenig auf Steuern zu setzen. Angesichts der Budgetknappheit haben alle drei Kandidaten angekündigt, im Fall ihrer Wahl auf den Pensionsbonus, der Präsidenten zusteht, verzichten zu wollen - das sind immerhin 80 Prozent des Salärs.
"Am besten, man würde auch gleich das Präsidentenamt einsparen", sagt der 30-jährige Elektrotechniker Marko Valen, der in Maribor schon lange einen Job sucht und keinen findet. "Der hat ja nicht die Funktion eines US-Präsidenten, sondern ist völlig unwichtig. Und angesichts dieser Krise sollten wir besser alle zusammenstehen und nicht Geld für solche Wahlen ausgeben." (Adelheid Wölfl aus Maribor, DER STANDARD, 9.11.2012)