Selten hat sich ein europäischer Regierungschef so von seinen lieben Partnern in der Union vorführen lassen müssen. Griechenlands Kreditgeber haben Antonis Samaras eine drei Monate währende Farce von "Verhandlungen" über ein Sparpaket zugemutet, an deren Ende ziemlich das Gegenteil von dem stand, was Samaras wollte und volkswirtschaftlicher Verstand lehrt: noch weitgehendere Gehalts- und Pensionskürzungen, Steuererhöhungen und Steigerungen der alltäglichen Lebenskosten der Griechen zur Drosselung des Konsums, Abschreckung von Investitionen und Vertiefung der Rezession.

Kaum jemand im Parlament in Athen hat bei der Abstimmung über das Sparpaket wohl an den Sinn dieser Maßnahmen geglaubt. Zu Recht: Griechenlands Schulden seien nicht tragbar, gab zur selben Zeit Währungskommissar Olli Rehn in Brüssel zu. Der Weg zum Schuldenabbau, den das Sparpaket vorzeichnen will, ist Fiktion.

Die Sparmaßnahmen sind zudem konzentriert auf 2013, nicht etwa gestreckt. Damit nicht genug: Mit ihrem Beharren auf Arbeitsmarktreformen nahm die Troika die Auflösung von Samaras' Drei-Parteien-Koalition in Kauf. Ist die Lernkurve auch flach geblieben, so mag die Vertrauenskurve nun steigen. Nach dem Votum für das Sparpaket ist die Bereitschaft vielleicht größer, Athen einen zweiten Schuldenschnitt zu erlauben. Ob die Griechen derweil den Weg in die Verelendung hinnehmen, ist eine andere Frage. (Markus Bernath, DER STANDARD, 9.11.2012)