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Familienbild: Die Regierung und die beiden Klubobmänner Cap (SPÖ) und Kopf (ÖVP) in Laxenburg.

Foto: APA/Jaeger

Laxenburg - Die Regierung hat am Freitag bei ihrer Herbstklausur in Laxenburg ein umfangreiches Arbeitsmarkt- und Unternehmer-Paket vorgelegt. Es soll einerseits die Gründung neuer Betriebe erleichtern, andererseits dem Facharbeiter-Mangel entgegenwirken und attraktivere Weiterbildungs-Möglichkeiten schaffen.

Highlights sind die Möglichkeit einer Bildungsteilzeit und eine Jungunternehmer-Offensive. Zudem haben sich SPÖ und ÖVP auf Studiengebühren geeinigt.

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Die erste Pressekonferenz nutzte die Regierungsspitze, um ihr Wirtschafts- und Arbeitsmarktpaket zu bewerben. Mit den 30 Maßnahmen stärke man die Wettbewerbsfähigkeit und bekämpfe Armut, sagte Faymann. Die Gesamtkosten nannte die Regierungsspitze nicht. Teilweise seien sie schon im Budget eingearbeitet, sagte Vizekanzler Michael Spindelegger. Außerdem erwartet die Regierung positive Effekte, man rechne mit durchschnittlich vier Arbeitsplätzendoch pro gegründetem Unternehmen.

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Die Maßnahmen im Detail

Jungunternehmer

Insgesamt werden in den nächsten Jahren 110 Mio. Euro für österreichische Gründer mobilisiert. Der Gründerfonds stellt jungen Unternehmen, die nicht ausreichend über Bankkredite verfügen, Kapital von rund 10 Mio. Euro pro Jahr bereit. Er soll bis zu zehn Jahre im Unternehmen bleiben, ehe der Anteil ans Unternehmen verkauft oder im Zuge eines Gesamtverkaufs veräußert wird. Der Business Angel Fund bietet unter Beteiligung Privater 15 Mio. Euro pro Jahr und soll auch zusätzliches Know-how liefern.

GmbH neu

Bei GmbH-Gründungen wird das Mindeststammkapital von 35.000 auf 10.000 Euro herabgesetzt. Die Mindest-Körperschaftssteuer (KöSt) sinkt von 1.750 auf 500 Euro pro Jahr. Abgeschafft wird die verpflichtende Gründungsanzeige in der "Wiener Zeitung ".

Schwellenwertverordnung

Die eigentlich mit Jahresende auslaufende Schwellenwertverordnung wird verlängert. Damit können Aufträge im Bau-, Liefer- und Dienstleistungsbereich bis zu einem Wert von 100.000 Euro statt wie früher nur bis zu 50.000 Euro direkt an geeignete Unternehmen vergeben werden, was eine Beschleunigung des Vergabevorgangs bringt.

Kranken- und Wochengeld

Selbstständige können künftig Krankengeld beziehen. Voraussetzung ist, dass im Betrieb weniger als 25 Personen beschäftigt sind. Anspruch darauf besteht ab dem 43. Tag der Arbeitsunfähigkeit mit einer Dauer von bis zu 20 Wochen. Die Unterstützung beträgt rund 27 Euro pro Tag, der Betrag wird jährlich valorisiert. Ferner gibt es bei einer freiwilligen Selbstversicherung schon ab dem dritten Tag der Krankheit (für einen Euro/Tag) garantiert 27 Euro ausbezaht - diese dann zusätzlich, sobald das Krankengeld fällig ist.

Das Wochengeld für Selbstständige wird von derzeit täglich 26,97 Euro auf täglich 50 Euro als Pauschalbetrag angehoben. Damit entspreche das Wochengeld sebstständiger Frauen künftig jenem von Arbeitnehmerinnen. Für GSVG-versicherte Frauen wird bei Ruhendstellung der Erwerbstätigkeit für die Dauer des Wochengeldbezuges die Beitragspflicht gestrichen.

Während des Kindergeldbezuges soll es für Gewerbetreibende möglich werden, mit einer geringfügigen Erwerbstätigkeit jährlich maximal 4.093,92 Euro dazuzuverdienen, ohne Krankenversicherungs- und Pensionsversicherungsbeiträge zu entrichten. Vorgesehen ist lediglich ein monatlicher Betrag von 8,25 Euro für die Unfallversicherung.

Berufskrankheiten

Die Liste der Berufskrankheiten wird erweitert: Künftig werden nicht nur durch Erschütterungen hervorgerufene Erkrankungen, sondern auch vibrationsbedingte Durchblutungsstörungen erfasst. Weiters werden nicht erst Drucklähmungen der Nerven, sondern auch Druckschädigungen als Berufskrankheit gelten. Zudem werden chronische Erkrankungen der Sehnenscheiden, des Sehnengleitgewebes und der Sehnen- und Muskelansätze und Rhinopathie, eine Vorstufe des Asthma bronchiale, in die Berufskrankheitenliste aufgenommen.

Nachtschwerarbeit

Berufsfeuerwehrleute, die Nachtarbeit zwischen 22 und 6 Uhr verrichten, werden in den Geltungsbereich des Nachtschwerarbeitsgesetzes aufgenommen, was unter anderem einen früheren Pensionsantritt ermöglichen kann.

Invaliditätspension

Diese wird künftig nur noch an Personen ausgeschüttet, die nicht mehr für den Arbeitsmarkt aktivierbar sind. Alle anderen werden entweder rehabilitiert oder umgeschult. In Sachen I-Pension wurden gegenüber dem Begutachtungsentwurf kaum noch wesentliche Änderungen vorgenommen. Grundprinzip ist, dass die befristete Invaliditätspension bald der Vergangenheit angehört - und zwar für alle, die am 1.1.2014 jünger als 50 Jahre alt sind - anders ausgedrückt jene, die nach dem 31.12. 1963 geboren sind.

Wenn noch eine Chance besteht, die Betroffenen wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren und damit die Pension zu vermeiden, wird diese ergriffen. Zwei Optionen bestehen: Reha-Geld oder Umschulungsgeld.

 

Jugend- und Lehrlingscoaching

Das bereits in Wien, Salzburg und der Steiermark erprobte Jugend-Coaching wird bundesweit ausgerollt. Im Wesentlichen nehmen sich hier Betreuer Jugendlicher ab der neunten Schulstufe an, die sich weder in Ausbildung befinden noch am Arbeitsmarkt tätig sind. Ebenfalls ein Ausbau geplant ist beim Lehrlingscoaching, das sich an Personen richtet, die in geförderten Maßnahmen wie zum Beispiel Implacementstiftungen auf die Lehrabschlussprüfung vorbereitet werden, oder die Lehre abgebrochen haben und diese nun beenden möchten. Für sie soll es die Möglichkeit geben, als ordentliche Schüler die Berufsschule zu besuchen und damit die gesamte duale Lehrausbildung erfolgreich abzuschließen.

Fachkräftestipendium

Nieder- und mittel-qualifzierten Arbeitnehmern und Arbeitslosen soll die Möglichkeit gegeben werden, sich über ein Fachkräftestipendium in Mangel- und Pflegeberufen ausbilden zu lassen. Voraussetzung ist, dass das AMS eine hohe Wahrscheinlichkeit eines erfolgreichen Bildungsabschlusses sieht. Die Höhe des Stipendiums soll sich an der Ausgleichszulage orientieren, gewährt wird es für die gesamte Zeit der Ausbildung, maximal drei Jahre.

Erwachsenen-Lehre

Erwachsenen soll die Möglichkeit einer Lehre erleichtert werden, indem sie sich nicht nur mit der Lehrlingsentschädigung bescheiden müssen. Funktionieren soll das im Wesentlichen über Motivation der Lehrherren. Betriebe, die zumindest Hilfsarbeiterlohn zahlen, sollen dafür eine erhöhte betriebliche Lehrstellenförderung erhalten - zwischen drei Monatsgehältern im ersten Lehrjahr und einem im dritten und vierten Lehrjahr.

Bildungskarenz

Wer in der Bildungskarenz ein Studium absolviert, wird künftig nach einem Semester einen Leistungsnachweis (wie beim Bezug der Familienbeihilfe) vorweisen müssen. Dies ist Voraussetzung für den Fortbezug des Weiterbildungsgeldes. Um in Bildungskarenz gehen zu können, muss man künftig eine Beschäftigung über der Geringfügigkeitsgrenze vorweisen.

Bildungsteilzeit

Bildungsteilzeit soll es Arbeitnehmern ermöglichen, ihre Arbeitszeit zu reduzieren, um sich weiterzubilden. Voraussetzung ist, dass das Arbeitsverhältnis seit mindestens einem halben Jahr besteht und die Arbeit entweder um ein Viertel oder um die Hälfte der Normalarbeitszeit reduziert wird (mindestens zehn Stunden/Woche). Bei Reduktion auf 50 Prozent bekommt man Teilzeit-Weiterbildungsgeld in der Höhe des Kinderbetreuungsgeldes (442 Euro monatlich), bei Reduktion um ein Viertel die Hälfte davon. Mindestdauer sind vier Monate, Höchstdauer zwei Jahre. 

Nächste Klausur

Die eine Regierungsklausur ist noch nicht einmal vorbei, da kündigt die Regierung schon eine weitere an: Diese soll Anfang März stattfinden und sich mit Bildung und direkte Demokratie befassen, teilten Faymann und Spindelegger mit.

Gescheitert ist die SPÖ ist mit ihrem Wunsch nach mehr Geld für den Ausbau der Ganztagsschule. Die SPÖ hatte einige Tage vor der Klausur eine Verdoppelung der Mittel für den Ausbau der Ganztagsschule auf 160 Mio. Euro pro Jahr gefordert, und zwar für die Jahre 2014 bis 2018. Die ÖVP war deshalb ziemlich sauer.

Die weitere Klausur im März finde auch deshalb statt, weil man sich auf einen weiteren Ausbau nicht einigen konnte, erklärte Faymann, der ankündigte, sich weiter dafür einsetzen zu wollen. Auch das neue Lehrerdienstrecht und Ethikunterricht sollen bei der Tagung im Frühjahr auf der Agenda stehen. Der weitere Ausbau der ganztägigen Schulangebote ist laut Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) mit der Vereinbarung einer neuen Regierungsklausur zum Thema fix, daran führe kein Weg vorbei. "Das Projekt wird ins Ziel kommen", sagte Schmied. "Wir bringen das durch bis März." (APA, 9.11.2012)