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Jean-Claude Juncker, Eurogruppenchef

Foto: APA/EPA/Hoslet

Brüssel/Berlin/Lissabon - Das krisengeschüttelte Griechenland soll zwei zusätzliche Jahre Zeit zum Sparen bekommen. Das haben die internationalen Geldgeber der Troika vorgeschlagen. Die Euro-Finanzminister berieten in Brüssel darüber, wie die Mehrkosten von knapp 33 Milliarden Euro finanziert werden können. Mehrere Minister sagten, es müsse ein weiteres Treffen geben - entweder noch in dieser oder in der kommenden Woche.

Athens befürchtete Probleme bei der Aufnahme neuer Schulden am Geldmarkt sind ausgeblieben. Griechenland hat am Dienstag 4,06 Mrd. Euro bei Investoren besorgen können, wie die Schuldenagentur PDMA in Athen mitteilte. Damit wurde das Platzierungsziel von 3,125 Mrd. Euro übertroffen. Griechenland benötigt diese kurzfristigen Gelder, um den drohenden Staatsbankrott abzuwenden. Die von Athen dringend benötigte Kredittranche von 31,5 Mrd. Euro aus dem laufenden Hilfsprogramm von 130 Mrd. Euro kann wegen der Verzögerungen erst später freigegeben werden. Vor einem bindenden Beschluss müssen mehrere nationale Parlamente zustimmen.

"Mehr Zeit kostet auch mehr Geld"

Die Finanzierungslücke beziffert die Troika allein für die kommenden beiden Jahre auf 20,7 Mrd. Euro - insgesamt sollen es bis 2016 dann 32,6 Mrd. Euro sein. Das geht aus dem Troika-Bericht hervor. "Mehr Zeit kostet auch mehr Geld", sagte Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP). "Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Minister wieder zu ihren eigenen Steuerzahlern gehen."

Fekter sprach von einem "Mix von Möglichkeiten", etwa der Streckung von Zahlungszielen. Die Europäische Zentralbank (EZB) könne Gewinne mit griechischen Staatsanleihen an nationale Notenbanken weiterleiten, die diese wiederum an Eurostaaten auszahlen könnten. Der Staatsbankrott droht schon bald, da Griechenland bereits am 16. November alte Schulden bedienen muss. Als wahrscheinlichste Lösung zeichnet sich ab, dass Griechenland kurzfristig weiter auf EZB-Hilfe zurückgreifen kann.

Die Troika aus EU-Kommission, Internationalem Währungsfonds (IWF) und EZB schlägt den Aufschub von zwei Jahren explizit vor. Das geht aus dem Entwurf einer neuen Vereinbarung der Troika mit der griechischen Regierung ("Memorandum of Understanding") zur Umsetzung der Reformen hervor.

Finanzmärkte zeigen sich erleichtert

Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker befürwortet das Vorgehen: "Der Troika-Bericht ist im Grundton positiv, weil die Griechen ja wirklich geliefert haben." Die Finanzmärkte nahmen den Vorschlag der Troika mit Erleichterung auf.

Bei der Bewertung der Lage Griechenlands fehlt noch ein Bericht zur Schuldentragfähigkeit, das heißt zu der Frage, wann das Land seine Schulden wieder komplett zurückzahlen kann, ohne sein Wachstum zu gefährden. Bislang soll die Zielgröße von 120 Prozent der Wirtschaftsleistung im Jahr 2020 erzielt werden. Der Termin für eine weitere Ministersitzung stand noch nicht fest. Juncker will nach eigenen Worten vor dem EU-Sondergipfel am 22. und 23. November zu einer Entscheidung kommen.

Griechenlands Parlament hatte jüngst ein Spar- und Reformpaket sowie ein weiteres Sparbudget für 2013 als Voraussetzung für Hilfen beschlossen.

Große Meinungsunterschiede

Die Brüsseler Beratungen waren kompliziert, weil es unterschiedliche Meinungen unter den Euroländern gibt. Während Frankreich eine schnelle Auszahlung der nächsten Griechenland-Hilfen will, pocht Deutschland auf Gründlichkeit. "Wir müssen mit dem griechischen Programm vorankommen", sagte Frankreichs Finanzminister Pierre Moscovici, auch wenn noch nicht alle Punkte geklärt seien. Er lobte die "enormen Anstrengungen" Griechenlands auf dem Weg zu gesunden Staatsfinanzen.

Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble warnte dagegen vor übereilten Entscheidungen. "Man muss erst mal sehen, was Griechenland geliefert hat", sagte Schäuble. "Die Gründlichkeit muss sein."

Unterdessen verteidigte die deutsche Kanzlerin Angela Merkel die Reformen bei verschuldeten Euroländern trotz heftiger Proteste. "Es geht nicht um Sparprogramme als Selbstzweck", sagte Merkel am Montag bei einem Kurzbesuch in Lissabon, der von einem großen Polizeiaufgebot geschützt werden musste. Immer neue Schulden dürften es künftigen Generationen aber nicht unmöglich machen, Investoren anzulocken und Arbeitsplätze zu schaffen. Merkel rief Portugal, das seit vergangenem Jahr unter dem Euro-Rettungsschirm steht, zu weiteren Bemühungen auf. (APA, 13.11.2012)