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Die Eismumie wurde 1991 im Südtiroler Teil der Ötztaler Alpen entdeckten. Nun haben Forscher "Ötzis" Genom vollständig entschlüsselt.

Foto: APA/Südtiroler Archäologiemuseum

Wien/Stanford - In einer im vergangenen Februar veröffentlichten Studie berichteten Wissenschafter von genetischen Hinweisen darauf, dass die Gletschermumie aus den Ötztaler Alpen ursprüngliche aus Sardinien oder Korsika stammte. Ein Irrtum, wie sich nun herausstellt: "Ötzi" hatte keinen derartigen Migrationshintergrund, sondern stammte aus Mitteleuropa. Genetisch würde sich der Mann aus dem Eis kaum von den anderen Steinzeitbauern in ganz Europa unterscheiden, wie aus bei der Konferenz der "American Society of Human Genetics" in San Francisco in der Vorwoche präsentierten Forschungsergebnissen hervor geht.

Im Februar zeigte ein internationales Forscherteam aufgrund der Analyse des Genoms der über 5.000 Jahre alten Mumie, dass "Ötzi" und die Menschen auf Sardinien und Korsika gemeinsame Vorfahren hätten. Doch in dieser Arbeit sei nur ein Teil von "Ötzis" Erbgut sequenziert worden und eine Frage wäre offengeblieben, schrieb die Zeitschrift "Scientific American": ob in der Jungsteinzeit die meisten Mitteleuropäer genetisch den heutigen Sardiniern ähnelten oder ob "Ötzis" Familie jüngst aus Südeuropa emigriert wäre.

"Ötzis" Erbgut komplett entschlüsselt

Ein Forscherteam, dem der aus Österreich stammende Genetiker Martin Sikora von der Stanford University angehört, hat nun das komplette Erbgut des Eismannes entschlüsselt und nicht nur mit dem Erbgut Hunderter heutiger Europäer verglichen, sondern auch mit jenem von Steinzeitmenschen: Einer davon wurde in Schweden gefunden und war Jäger und Sammler, ein anderer war Bauer, ebenfalls aus Schweden, ein dritter Jäger und Sammler von der iberischen Halbinsel und ein vierter stammte schon aus der Eisenzeit und wurde im heutigen Bulgarien ausgegraben.

Die Forscher konnten bestätigten, dass unter den modernen Menschen die Sarden am nächsten mit "Ötzi" verwandt sind. Von seinen Zeitgenossen waren ihm allerdings die Bauern in Bulgarien und Schweden näher verwandt als die Jäger und Sammler aus Schweden und der iberischen Halbinsel, die mehr den heutigen Nordeuropäern ähneln, heißt es in "Scientific American".

Die ersten Bauern

Die neuen Ergebnisse würden außerdem die Theorie unterstützen, dass sich nicht nur die Landwirtschaft als Technologie vom Mittleren Osten bis Nordeuropa ausgebreitet habe, sondern dass auch die Bauern selbst diesen Weg gegangen wären und sich dann mit den lokalen Jägern und Sammlern vermischten.

"Zur Zeit haben wir gute Belege, dass bei der Verbreitung von Viehzucht und Ackerbau die Menschen wanderten, und nicht nur die Technologie", zitiert die Zeitschrift Sikora. Die Spuren dieser prähistorischen Wanderungen wären zwar in den meisten Teilen Europas verloren gegangen, doch die Bewohner der Insel Sardinien seien wohl abgeschiedener geblieben und hätten daher mehr genetische Spuren dieser ersten Jungsteinzeit-Bauern behalten, so Sikora. (APA/red, derstandard.at, 17.11.2012)