Foto: Gerhard Wasserbauer

Sharma Swati studiert in Wien - das hat die junge Inderin aber nicht davon abgehalten, das Restaurant ihres Vaters Pradeep mit klugen Ideen aufzupeppen.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Der Indian Sprizz schmeckt schon einmal toll. Mit ordentlich Eis, einer Idee Mandarine und dem wunderbaren Fever Tree Tonic statt Soda mutiert der Spritzer aus unserem Roten Traminer ganz plötzlich zur exotischen Erfrischung. Serviert wird er im Tulsi, einem neuen indischen Restaurant, das auf den ersten Blick nicht gar viel hermacht - obwohl man sich die schwarz-weiße Fliesenlandschaft in Verbindung mit den wild mäandernden Lüftungsrohren auch als spaciges Raumschiff aus einer Indie-Produktion zurechtfantasieren könnte. Dafür ist es in Küche und Keller mutiger unterwegs, als man das bislang in unseren Breiten erhoffen durfte.

Sharma Pradeep kam 1975 mit einem der berüchtigten Kolporteursvisa von Dichands Gnaden nach Österreich, sattelte aber ehestmöglich auf Buchhaltung um. Irgendwann wurde er Wirt. Das Tulsi ist bereits sein viertes Restaurant, allerdings das erste, das tatsächlich die Küche seiner Heimat zelebriert. Und man liegt nicht ganz falsch, wenn man seiner Tochter, Studentin Sharma Swati, einen mit entscheidenden Impuls zuschreibt, dass es nach einer Pizzeria, einem Griechen und einem Italiener nunmehr Zeit gewesen sei, sich auf das eigene Erbe zu besinnen. Sie schaukelt in der Eröffnungsphase auch den Service und hat, nicht zuletzt, dafür gesorgt, dass auch die Speise- und Getränkekarte eine zeitgemäße Ausrichtung bekommt.

Mit Kardamom aromatisiert

So werden bei den Drinks neben dem erwähnten Sprizz auch köstlicher, mit Kardamom aromatisierter Original Bombay Tonic oder Spicy Indian mit indischem Rum und Fever Tree Ginger Beer gemixt. Die Weinkarte ist überhaupt beeindruckend, mit Rotem Traminer von Heinz Bauer und Rotgipfler vom Freigut Thallern werden etwa gleich zwei jener "Schmeckerten" offen ausgeschenkt, die zwar zu unserem autochthonen Erbe gehören, sich aber gerade mit den muskulös gewürzten Gerichten des Subkontinents umso spannender kombinieren lassen.

Der Koch wurde aus dem Nam Nam in der Webgasse geholt. Täglich werden zwei reichhaltige Thali-Platten (im Bild) variiert, darunter stets eine vegetarische. Die Standards, von Tandoori Chicken Tikka bis Rogan Josh, werden mit sicherer Hand gewürzt, neben einem ausgezeichneten Pork Vindaloo aus der Tradition der ehemals portugiesischen Kolonie Goa verdienen aber vor allem die unter "Tulsi's Contemporary" aufgelisteten Neuinterpretationen Beachtung. Ein grandioser Spinatsalat mit Trauben und gerösteten Cashews etwa, der durch ein duftiges Zitronendressing aufgezwirbelt wird, oder die gegrillte Ananas mit feurigem Minzchutney und in der Schale gegrillten Garnelen. Auch die in Rotwein geschmorte Lammstelze mit Karotten und Naan gelingt gut - bei etwas beherzterem Umgang mit den tollen Gewürzen wäre hier aber deutlich mehr drin. Noch sind längere Wartezeiten einzukalkulieren. (Severin Corti, Rondo, DER STANDARD, 16.11.2012)