Wien - Der Waldviertler Schuhunternehmer Heini Staudinger sammelt Unterstützer für das unkonventionelle Finanzierungsmodell für seine Firma Gea. Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl hat ihn am Mittwoch per Aussendung zu einem persönlichen Gespräch eingeladen, und will "Kritik und Sorgen persönlich erörtern und Möglichkeiten ausloten, wie die Finanzierung seines Unternehmens auf legalem Weg machbar ist".
Crowd Funding-Modelle entwickeln
Leitl verweist auf Möglichkeiten wie stille Beteiligungen oder Anleihen. Jedenfalls müsse es mit möglichst geringem Verwaltungsaufwand und niedrigen Kosten gehen. Leitl kündigte an, dass die Junge Wirtschaft in der WKÖ Modelle für "Crowd Funding" entwickeln werde, also der Finanzierung größerer Summen über viele Leute, die jeweils nur kleine Summen einzahlen.
Ein legales Modell für Crowd-Funding zur Finanzierung von Kleinunternehmen wünscht sich auch Volker Plass, Bundessprecher der Grünen Wirtschaft. Von Banken gebe es für kleine, kreative Unternehmen kaum mehr Kredite, andererseits wollten viele Menschen ohne Vermittlung der Finanzinstitute investieren. "Diese Nachfrage und dieses Angebot muss man auf regionaler Ebene zusammenführen - ohne dass dies die FMA als illegales Bankgeschäft wertet", fordert Plass. Die Grüne Wirtschaft werde Staudinger nun rechtlich unterstützen und in der Wirtschaftskammer ein "legales, unbürokratisches und kostengünstiges Crowd-Funding-Modell" entwickeln. Diese werde sicher ohne Einlagensicherung ablaufen, müsse einen Maximalbetrag für die Investition und minimale Transparenzpflichten enthalten. Außerdem wollen die Grünen ein Verbot, "solche Mikrokreditgeschäfte gegen Provision über Dritte zu vermitteln oder zu Finanzprodukten zu bündeln".
Pekabe: Niemanden geschädigt
Die Pekabe - Schutzverband der Pensionskassenberechtigten - vergleicht das Modell Staudingers positiv mit der Auslagerung von Pensionen in leistungsorientierte Pensionskassenverträge. Staudinger werde von der FMA verfolgt, obwohl er niemanden geschädigt habe und seine Geldgeber vier Prozent Zinsen erhalten. Im Gegensatz dazu hätten Großunternehmen wie Banken in den 1990er Jahren "ihre Pensionszahlungsverpflichtungen in leistungsorientierte Pensionskassenverträge ausgelagert und dabei die für Leistungsorientierung zugelassenen maximalen Rechenzinsen von bis zu 6,5 Prozent in Anspruch genommen, also durch entsprechende Abzinsungsfaktoren ihre Zahlungsverpflichtung deutlich reduziert.
Nachdem man die betroffenen Mitarbeiter in Sicherheit gewiegt hatte, dass sich durch die Leistungsorientierung am System nichts ändere, wurden die Pensionskassenverträge in beitragsorientierte umgewandelt, ohne den Rechenzins dafür auf den seitens der FMA dafür vorgegebenen Höchstsatz von 3,5 Prozent abzusenken, also Kapital nachzuschießen" schreibt die Pekabe. "Diese illegale Umwandlung zum Nachteil der Betroffenen hat die FMA nicht geahndet bzw. stillschweigend einfach nicht beachtet". Dabei hätten rund 350.000 betroffene Pensionisten und Pensionsanwärter bis zu 60 Prozent Realverluste bei ihrer Zusatzpension erlitten. Die Banken, hätten es sich "sich offensichtlich mit stillschweigender Hilfe der FMA auf Kosten ihrer Mitarbeiter 'richten' konnten", schreibt die Pekabe.
6.800 Unterstützer online
Staudinger kann sich auch über eine Online-Petition freuen, die laut Aussendung der Avaaz.org von Martin Schnell aus Salzburg eingerichtet wurde und bisher gut 6.800 Unterstützer gesammelt hat. Darin werden die FMA sowie Politiker aller Parteien aufgefordert, "die Verfolgung der Waldviertler Schuhproduktion aufgrund ihres innovativen Finanzierungsmodelle zu beenden und den Menschen die Verantwortung ihres Geldes stärker selbst zu überlassen". (APA, 14.11.2012)