Leihgabe als Trophäe: "O-Stuhl Portrait #04" (2012) von Julia Rosenberger und Florian Bettel.

Foto: Neue Galerie / Julia Rosenberger

Innsbruck - Dass der Mensch heutzutage flexibel sein muss, ist nicht neu. Dass davon auch Alltagsgegenstände betroffen sind - dieser Überlegung geht die Schau "Umnutzung" in der Neuen Galerie in Innsbruck nach.

So drehen sich in der von Autor und Filmemacher Rainer Bellenbaum kuratierten Ausstellung etwa Wohnzimmerstühle auf einem goldenen Karussell (Julia Rosenberger / Florian Bettel). Fotografien geben Einblicke in jene Wohn zimmer, in denen die Stühle ursprünglich standen: nämlich in Mietwohnungen eines Hochhauses im olympischen Dorf in Innsbruck.

Durch das Transferieren in den Galerieraum werden die privaten Leihgaben zum Kunstgegenstand, aber auch zu einer Art Trophäe. Denn sie geben einen Haushalt, einen Stil oder eine kulturelle Zugehörigkeit preis.

Fetischartig betreiben auch zweintopf (Eva und Gerhard Pichler) diese Form von sozialer Studie, wenn sie lebensechte Spielzeughunde sezieren, um deren darunterliegende Konstruktion offenzulegen.

"Jedes dieser Rohre steht für eine Person oder einen Weg, den er oder sie zurückgelegt hat", sagt Bellenbaum im Video zur Ausstellung und bezieht sich auf die Installation EXIT St. Pankraz von Michael Hieslmair und Michael Zinganel. Die 2007 für das Festival der Regionen entstandene Außeninstallation ist als Wegenetz aus Aluminiumrohren zu sehen. Verkehrsnachrichten informieren per Kopf hörer über die Raststätte St. Pankraz und deren Dienstleitende. Ein Ort, an dem sich Mobilitätserfahrungen kreuzen und exemplarisch für die sozialen und ökonomischen Veränderungen in Europa stehen.? Denn: Viele der Migranten und Migrantinnen bleiben als Zimmermädchen, Hausmeister etc. in St. Pankraz und nutzen ihren Urlaub nur mehr, um in ihr leeres Haus in der Heimat zu fahren. (Tereza Kotyk, DER STANDARD, 17./18.11.2012)