400 Stofffische, glänzende Folie und Kühlschränke auf Rollen, die als Eisschollen und Floße fungieren: Sie erschaffen im Dschungel Wien die eisige Welt der Inuit. Das Musiktheaterstück "Das Kind der Seehundfrau", das in Koproduktion mit Wien Modern mit neuer Musik von Jesse Broekman soeben seine Uraufführung feierte, erzählt die Geschichte eines einsamen Fischers, der eine Seehundfrau überredet, seine Frau zu werden. Für sieben Jahre ist dies möglich.

Zu zweit verbringen sie leidenschaftliche Zeiten, bald wird Sohn Oruk geboren. An dessen siebentem Geburtstag erkrankt seine Mutter aber schwer. Sein Vater verdrängt die Wahrheit, doch die Trennung scheint unaufhaltsam.

Das Kind der Seehundfrau von Sophie Kassies beruht auf einem Inuit-Märchen. In der Regie von Sara Ostertag verbinden sich Erzählung und Schauspiel, Musik und Tanz: Drei Musikerinnen und eine Sängerin (auch als Schauspielerin: Anna Clare Hauf) performen (Choreografie: Katrin Blantar). Mit den beiden Darstellern (Simon Dietersdorfer und, entzückend als Oruk, Michèle Rohrbach) erzeugen sie durch rhythmische Geräusche und Sprechgesang wechselnde Stimmungen. Da wird aus dem Glucksen von Wasserflaschen das Rauschen des Ozeans.

Die mitunter wenig zimperliche Handlung, in der Gefühle deutlich ausgesprochen werden, kommt ohne Botschaft oder Moral aus und besitzt ein offenes Ende. Den erwachsenen Zusehern mag das gelungene Familienstück sehr traurig erscheinen, das junge Premierenpublikum zeigte sich jedoch fröhlich und war hochzufrieden. Ab acht Jahren. (zeit, DER STANDARD, 17./18.11.2012)