"Mean Ugly Dirty Sports" erschien 1990 für Amiga, Atari und PC.

Screenshot: derStandard.at/Pichler

Schaltzentrale des Geschehens waren die Übersichtskarten der Städte.

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Mit seinem Team galt es einen Siegeszug durch die vier Regionen des Kontinents "Ghould" anzutreten.

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Ein Sprungwurf bringt zwei Punkte...

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..aber auch die Gefahr, dass der Scorer von einem Hai oder Sumpfmonster vertilgt wird.

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Auf Sklavenmärkten gilt es...

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...eine kunterbunte, schlagkräftige Crew zusammenzukaufen.

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Hindernisse sind nicht nur Gegner, sondern zuweilen auch das Spielfeld. So wie dieses, das mit Baumstämmen gespickt ist.

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In der Taverne können Gegner bestochen werden.

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Fouls führen zu Freistößen oder temporärem Eiswürfel-Dasein.

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Man sollte allerdings nicht so "kopflos" sein, den Referee anzugreifen.

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Auf diesem Bildschirm werden taktische Ausrichtung und Aufstellung festgelegt.

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Nach einer Partie präsentiert "M.U.D.S." eine Reihe von Statistiken.

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Ehre, wem Ehre gebührt.

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Unfreundlich zu Schuldnern: Der Zinshai.

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Nach der kultigen Aufbau-Wirtschaftssimulation "Theme Hospital" (1997) und dem Urvater des klassischen Echtzeitstrategspiels, "Dune 2" (1992), ist es Zeit, sich einmal einem Mischling zu widmen. Die Zeitmaschine führt uns dafür noch ein wenig tiefer in die Vergangenheit – ins Jahr 1990. Damals veröffentlichte der deutsche Entwickler und Herausgeber Rainbow Arts das vom Studio Golden Goblins programmierte "M.U.D.S.".

Und nein, dieses Spiel hat nichts mit Multiuser-Dungeons zu tun. Der Titel steht für "Mean Ugly Dirty Sports" (Gemeiner, ekelhafter, dreckiger Sport) und war grob gesagt eine in einem Fantasy-Mittelalterszenario eingebettete Sportsimulation.

Sportliche Kontinental-Tournee

Der Titel erschien für Amiga 500, Atari ST und MS-DOS. Er war – damals noch keine Selbstverständlichkeit – VGA-tauglich, konnte am PC also mir prachtvollen 256 Farben bei einer Auflösung von 320 x 200 Pixel gespielt werden. Gesichert war der Titel mit einem klassischen Kopierschutz, der den Spieler von einem Zettel die Koordinaten eines Wappens abtippen ließ.

Ziel des Spiels ist es, eine schlagkräftige Mannschaft aufzubauen, die sich in einer recht brutalen Kombination aus American Football und Rugby gegen 16 Gegner und in einem "Endspiel" behaupten musste. Unterwegs ist man dabei am Kontinent "Ghould", auf dem man sich der Reihe nach durch vier Regionen (Wiesen-, Sumpf-, Wald- und Bergland) durcharbeitet, in denen es jeweils vier Teams in eben soviel Städten zu bezwingen gilt.

Mischling

Dabei vermischt "M.U.D.S." die klassische Actionsimulation mit Elementen aus Rollenspiel und Sportmanager. Spieler werden am Sklavenmarkt der unterschiedlichen Städte ge- und verkauft, das Team muss untergebracht und Gegner müssen herausgefordert werden. Athleten, die dem maximal 14-köpfigen Kader länger angehören, profitieren vom Erfahrungsgewinn aus den Matches.

Nur: Dass ein zu Beginn eingekaufter Kämpfer auch zu Spielende dabei ist, ist nicht selbstverständlich. Denn die praktizierte Sportart ist eine harte. Auf dem Rasen stehen sich jeweils fünf Kontrahenten aus beiden Teams gegenüber. Aufgeteilt sind sie in zwei Verteidiger, einen Mittelfeldspieler und zwei Angreifer, wobei die beiden Duos der gleichen Spezies angehören müssen. Derer gibt es in "M.U.D.S." insgesamt 16. Sie unterscheiden sich nicht nur im Aussehen, sondern auch durch unterschiedlich gewichtete Eigenschaften und andere Besonderheiten.

Wirf den Dino in den Korb

Auf dem Feld gilt es, den "Flonk" (ein kleines, dinosaurierähnliches Tier) durch die gegnerische Reihen hindurch in einen Korb zu befördern, der sich in einer "Endzone" der Hälfte des Gegners befindet. Diese ist durch einen Wassergraben vom restlichen Feld abgetrennt, in dem ein Hai bzw. im weiteren Spielverlauf ein mehrarmiges Sumpfmonster sein Unwesen treibt. Wer hineinfällt wird gefressen, so er nicht rechtzeitig zurück ans Ufer gelangt.

Das passiert gar nicht so selten, denn wer den Flonk mittels Sprungwurf versenkt und nicht nur aus der Ferne ins Ziel wirft, erhält zwei statt nur einem Punkt gutgeschrieben. Lediglich zwei der Klassen sind vor der marinen Bedrohung gefeit. Die "Scirons" sind schlichtweg zu stark und können das Monster sogar besiegen. Die "Shemons" hingegen schmecken dem Ungetüm nicht.

Play hard

Dies ist allerdings nur eine von drei Möglichkeiten, wie eigene und gegnerische Teammitglieder aus dem Leben scheiden können. Denn am Spielfeld wird auch abseits des Ballführenden oft fleißig geprügelt. Der Schiedsrichter greift nur bei schweren Attacken ein. Je nach Ermessen wird entweder der Angreifer temporär eingefroren oder dem betroffenen Team ein Freistoß zugesprochen.

Die Gesundheit der Spieler geht bei jedem Tackling und Kampf zurück. Erfolgt nicht rechtzeitig ein Wechsel, gehen die Lichter aus. Greift man mit einem Spieler, und sei es versehentlich, den Referee an, würdigt dieser das Vergehen mit der Todesstrafe.

Fünf Tasten sind genug

Gespielt werden sieben Flonks und ein weiterer, sollte es danach unentschieden stehen. Sieger ist das Team mit den höheren Punkten. Doch selbst wenn man uneinholbar zurück liegt, ist der Gewinn der Partie nicht ausgeschlossen – vorausgesetzt man schafft es, des Gegners Mannschaft so stark zu dezimieren, dass er keine dem Reglement entsprechende Formation mehr aufstellen kann.

Moderne Sportspiele lasten die zahlreichen Tasten eines Controllers oft voll aus, bei "M.U.D.S." reichen für die Kontrolle des Spielgeschehens vier Richtungstasten und ein Aktionsknopf. Wird dieser kurz gedrückt, fordert man einen Pass an oder vermöbelt einen Gegner. Während eines langen Drucks lässt sich per Zielcursor ein anderer Spieler zum Steuern anwählen. Im Ballbesitz dient der Tastendruck, um den Flonk zu werfen.

Alternativ kann auch mit dem Joystick oder der Maus gespielt werden. Wer will, kann das auch zu zweit gegen den Computer antreten oder das Geschehen vollständig der künstlichen Intelligenz überlassen.

Durchwachsene KI sorgt für Chaos

Deren Performance ist im Vergleich zum heutigen Stand der Technik freilich sehr bescheiden. Im Wesentlichen scheint sie im Offensivspiel nicht mehr als mäßig koordinierte Angriffsläufe mit automatischem Passspiel in großer Bedrängnis zu beherrschen. Das Stellungsspiel ist ziemlich starr und richtet sich nach der aktuellen Vorgabe ("Taktisch", "Angriff", "Offensiv" und "Defensiv" sind wählbar). Reine KI-Partien sind entsprechend mühsam anzusehen und dauern sehr lange, sofern kein Team einen klaren, personellen Vorteil hat.

Wer mehr vom Spiel haben möchte, muss also selbst Hand an die Tastatur legen. Insgesamt steuert sich das Geschehen etwas hakelig. Die gegnerische Defensive lässt sich in der Regel mit ein bis zwei gut getimten Pässen und schnellen Angriffsläufen überwinden. Auch hier entsteht die Herausforderung in der Regel durch überlegene Einzelspieler des Kontrahenten. Weil nach einem Treffer keine Neuaufstellung erfolgt (außer ein Spieler wird gefressen oder verstirbt anderweitig), sondern direkt angepfiffen wird, mutet das Getümmel auf dem Feld oft noch chaotischer an, als es ohnehin ist. Trotz allem sind die sportlichen Auseinandersetzungen oft spannend und unterhaltsam.

Geld regiert die Welt

Ein Match lässt sich bereits im Vorfeld weitestgehend entscheiden. Vom Schiedsrichter über das gegnerische Team bis hin zu den Flonks kann, die entsprechende Portokasse vorausgesetzt, jeder bestochen werden. Hauptanlaufstelle dafür ist die örtliche Taverne. Alternativ lässt sich auch eine Schlägerei vom Zaun brechen, die je nach Ausgang die eigene Moral steigert oder senkt. Zwingend notwendig ist das nicht, von der allgemeinen Korruptheit des sportlichen Umfelds machen die Gegner allerdings sehr wohl Gebrauch.

"M.U.D.S." zwingt den Spieler – vor allem im mittleren und hohen Schwierigkeitsgrad – gut auf seine Ressourcen zu achten. Geld kann faktisch nur über gewonnene Spiele – für die man saftiges Nenngeld hinlegt – und im Wettbüro lukriert werden. Gleichzeitig kostet auch die Wiederherstellung der Gesundheit der Sportler nach den Spielen Geld, die Städte verlangen immer höhere Steuern und auch die Unterbringung belastet die Geldbörse. Weswegen schon eine kleine Niederlagenserie verhängnisvoll enden kann.

Eine Frage der Moral

Apropos Unterbringung: Wer seine Athleten auf der Straße nächtigen lässt, kann zwar sparen, jedoch wirkt sich das auf die Moral der Mannschaft aus. Sinkt diese, agieren die Mitspieler langsam und schlechter. Neue Athleten können nicht mehr angeworben werden und im Extremfall wird man per Mannschaftsaufstand seines Traineramtes enthoben, was gleichbedeutend mit dem Spielende ist.

Reicht das Geld nicht einmal mehr für eine Nennung, bietet sich als letzte Hoffnung der Kredithai an. Der nimmt saftige 20 Prozent Zinsen und schickt säumigen Schuldnern schon einmal gerne Schläger vorbei, was sich ebenfalls nicht besonders gut auf das Arbeitsklima auswirkt.

Detailarbeit

Was an dem Werk der Golden Goblins auffällt, ist seine große Detailverliebtheit. Jede der Regionen unterscheidet sich signifikant in ihrer grafischen Aufmachung und auch in spielerischen Elementen. So findet man auf den Sklavenmärkten bestimmte Spezies nur in ihrer Heimatregion, die Aufmachung der Städte (deren Karte die Schaltzentrale des Spielers ist) ist an die landschaftlichen Verhältnisse angepasst.

Bemerkbar macht sich dies auch in den Stadien. So spielt man im Wiesenland ohne Hindernisse am Feld, im Sumpfland kommen tiefe Pfützen hinzu, die nur bestimmte Spieler schnell überwinden können. Im Waldland ist das Feld gespickt mit Baumstämmen, die umkurvt werden müssen. Tacklings und Kämpfe hinterlassen sichtbare Spuren. Erstaunlich viel Abwechslung dafür, dass man im schnellsten Falle schon nach 16 Partien am Ende des Spiels steht.

Selbst kleinere Gags haben die Entwickler versteckt. So präsentieren sich die Entwickler etwa in der "Über uns" selbst als Spieler am Sklavenmarkt. Eine Stadt im Waldgebiet des Kontinents wurde wiederum einfach "Woodstock" genannt.

Anleihen von "Speedball"

Auch wenn "M.U.D.S." für sich gesehen ausgesprochen einzigartig ist, hat auch dieses Spiel seine Inspirationsquellen. Nicht zu leugnen sind etwa Ähnlichkeiten zum 1988 erschienenen "Speedball", insbesondere was das sportliche Geschehen angeht. In Sachen Management beschränkte sich der Titel der Bitmap Brothers allerdings auf Ausrüstungsupgrades für die eigenen Athleten. Im Gegensatz zu "M.U.D.S." brachte es "Speedball" allerdings auf zwei Teile und ein 2007 erschienenes Remake.

Manager meets Simulation

Das Zusammenwachsen eines Management- und Simulationsteils im Stile von "M.U.D.S." findet man in der Historie der Sportgames jedenfalls erst viel später wieder. 2001 ließen sich der Fußballmanager "Anstoss 3" aus dem Hause Ascaron und die Simulation "Anstoss Action" zu "Anstoss 3 Action" kombinieren. Mangels Erfolg des "FIFA"-Konkurrenten blieb es bei einem einmaligen Experiment.

Mit den 2004er-Versionen des "FIFA Managers" führte schließlich EA Sports "Football Fusion" ein. Auch hier ließ sich ein Team managen und am Spieltag steuern. So richtig populär wurde das Feature allerdings nie, mittlerweile wurde es wieder abgeschafft und mit "Total Control" ersetzt. Ein wirklich seriöser Vergleich mit dem Rainbow Arts-Titel lässt sich hier aber nicht anstellen.

Europäische Größe

Was ist eigentlich mit dem Softwarehaus geschehen? Das 1984 in Gütersloh gegründete und später nach Düsseldorf übersiedelte Studio wurde Ende der 80er-Jahre und Anfang der der 90er mitunter zu Europas bedeutendsten Spielehäusern gezählt. Zum Portfolio zählen unter anderem das Knobelspiel "Logical", der Plattformer "Giana Sisters" und der 2D-Spaceshooter "Katakis" (international aus Copyrightgründen als "Denaris" vermarktet).

Die bekannteste Reihe des deutschen Unternehmens, die nicht nur wegen ihres von der Branchenlegende Chris Hülsbeck komponierten Soundtracks heute noch bei vielen Spielern weltweit das Nostalgikerherz höher schlagen lässt, ist aber natürlich "Turrican". Dessen Popularität bezeugen unzählige Fan-Remakes.

Bedeutungsverlust in den Neunzigern

Gegen Mitte des vorletzten Jahrzehnts kam das Unternehmen jedoch aus der Spur. Die großen Erfolge wollten sich nicht mehr einstellen. Insbesondere außerhalb des deutschsprachigen Raumes verlor man an Glanz und Bekanntheit, während andere das Rennen machten.

Eine der letzten bedeutenderen Produktionen war die 1991 erschienene Wirtschaftssimulation "Mad TV", in welcher der Spieler die Geschicke eines Fernsehsenders lenken und gleichzeitig um die schöne Reporterin Betty werben musste. Der Erfolg hielt sich international allerdings in Grenzen, woran mitunter zahlreiche "denglische" Übersetzungspannen Schuld hatten. Der von Greenwood Entertainment (später Phenomedia, bekannt für "Moorhuhn") entwickelte Nachfolger kam nur in einer deutschen Fassung in den Handel. Beide Spiele sind mittlerweile Freeware. Kalypso veröffentlichte 2010 mit "M.U.D. TV" ein inoffizielles Sequel.

Letzte Spur verliert sich 1996

1996 taucht der Name "Rainbow Arts" ein letztes Mal auf einer Spielepackung auf – und zwar als Publisher des Adventures "Imperium Romanum", das von der Presse mit unterdurchschnittlichen Wertungen bedacht wurde. Schon 1990 hatten sich die einstigen Eigentümer vom Unternehmen getrennt und dieses an Softgold verkauft. Ein Jahr später fusionierten diese wiederum mit ihren eigenen Besitzern, Rushware, zur Firma Funsoft.

1999 verleibte sich THQ dieses Konglomerat schließlich ein. Damit erwarb der kalifornische Konzern auch die Markenrechte am Namen Rainbow Arts. Und dort liegen sie auch bis heute – ungenutzt. (Georg Pichler, derStandard.at, 20.11.2012)