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US-Präsident Barack Obama vor dem liegenden Buddha im Kloster Wat-Pho in Bangkok. Stationen seiner Asien-Reise sind neben Thailand auch Burma und Kambodscha, wo heuer der Asean-Gipfel stattfindet.

Foto: REUTERS/Jason Reed

Bangkok/Canberra - In Südostasien entsteht ein neuer Wirtschaftskoloss - und kaum jemand weiß es. Noch immer im Banne von China und Indien, hat Europa bisher kaum erkannt, dass hier eine neue, potente Freihandelszone im Entstehen ist: die Asean Economic Community, kurz AEC. Bis 2015 wollen Thailand, Vietnam, Indonesien, Laos, Malaysia, Burma, Singapur, Brunei, Kambodscha und die Philippinen ihre Handelsschranken mehrheitlich fallen lassen. Zehn Länder mit insgesamt 600 Millionen Menschen und ein kombiniertes Bruttoinlandsprodukt (BIP), das schon heute jenes von Indien übersteigt. "Die starke wirtschaftliche Leistung hat dazu geführt, dass die amerikanische Regierung und amerikanische Unternehmen Asean zur Schlüsselpriorität für politisches und wirtschaftliches Engagement gemacht haben", meint Rajiv Biswas, Chefökonom für Asien-Pazifik von IHS Global Insight, gegenüber dem STANDARD.

Treiber der Entwicklung ist die rasch expandierende Mittelklasse. Millionen haben den Weg aus der Armut geschafft. Jetzt dürsten sie nach Waren und Dienstleistungen. Laut Biswas wird die Region Asean in 20 Jahren "zu einem der größten Verbrauchermärkte der Welt werden", mit einem jährlichen Zuwachs von zehn Prozent. Die Asean-Länder seien "eine signifikante Quelle von Marktnachfrage", meint auch Shankaran Nambiar, Professor an der Manipal-International-Universität in Malaysia.

Konsumhungrige Mittelschicht

Das wirtschaftliche Herz der Asean-Staaten liegt in Indonesien, so Biswas: Das BIP erreichte 2012 900 Milliarden Dollar (706 Milliarden Euro) und soll sich bis 2030 vervierfachen. Auch in der mit 240 Millionen Einwohnern größten islamischen Nation ist die konsumhungrige Mittelschicht Hauptgrund für die Entwicklung.

Asean ist alles andere ist als ein homogener Block - eher das Gegenteil. Singapur steht in starkem Kontrast zu Kambodscha, Vietnam und Burma, die erst am Beginn des Weges hin zur modernen Volkswirtschaft stehen. Obwohl Asean im August ihr 45. Bestehen feiern konnte, sind wirtschaftliche, aber auch politische und kulturelle Differenzen zwischen den Ländern ein wesentlicher Grund dafür, dass sich Asean auf der politischen Weltbühne bisher nicht als potenter Mitspieler etablieren konnte. Dies manifestierte sich jüngst im Streit um die Seegebiete im Südchinesischen Meer. Der Gemeinschaft gelang es nicht, Konsens für eine Stellungnahme zu finden. Der regionale Konflikt steht auch beim Asean-Gipfel in Kambodscha auf dem Programm.

Immer wieder gab es Versuche, die Einheit zu stärken. Dazu gehört auch der Plan, bis 2020 eine Gemeinschaft aufzubauen, die über eine rein wirtschaftliche Zusammenarbeit hinausgehen und sich auf kulturelle und sicherheitspolitische Aspekte ausdehnen soll. Laut dem Asean-Experten Shankaran Nambiar müsse eine Integration zwingend auch Prinzipien der Freiheit und Rechtsstaatlichkeit aller Mitgliederländer beinhalten. Gerade in diesen Bereichen scheitert aber regelmäßig der Konsens: Kaum ein Land will sich in innenpolitische Angelegenheiten dreinreden lassen. Burma ist ein Beispiel dafür.

Chance

Laut Nambiar kann nur eine Stärkung des Asean-Sekretariats und ein klareres Mandat für den Generalsekretär diese politische Impotenz beheben. Zuerst müssten die Mitgliederstaaten aber bereit sein, "nicht auf Kosten der regionalen Interessen ihre eigenen zu verteidigen".

Beginda Pakpahan von der University of Indonesia sieht in der jüngsten Demokratisierung in Burma eine Chance für Asean, sich als Einheit zu präsentieren und an Respekt zu gewinnen. Die Mitgliederländer könnten Burma im Wandel zur Demokratie und in der wirtschaftlichen Entwicklung unterstützen. Im Hinblick auf die enormen Öl- und Rohstoffreserven, über die das Land verfüge, sei eine solche Hilfe nicht zuletzt auch eine " wertvolle Gelegenheit für asiatische Investoren", so Pakpahan. (Urs Wälterlin, DER STANDARD, 19.11.2012)