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Kreativer Protest: die Athener Stadtkapelle bei einer Demo gegen die Kürzungen vor dem Rathaus.

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"Es wird am Ende wohl auf ein Paket, einen Mix an Maßnahmen hinauslaufen" , sagte ein mit den Verhandlungen über die Griechenland-Hilfen vertrauter Experte Montag zum Treffen der Eurofinanzminister am Dienstagabend in Brüssel. Aber zunächst hänge alles davon ab, ob die Regierung in Athen den Partnern überzeugend darlegen könne, dass sie die vereinbarten "prior actions" auch wirklich umgesetzt habe.

Diese "Vorabmaßnahmen", ein Bündel von 89 alten und 67 neuen gesetzlichen Einzelschritten, die der fiskalischen Sanierung des Staatshaushaltes dienen, wurden im griechischen Parlament bereits beschlossen. Die Eurogruppe will nun aber von der Troika aus EU, Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) eine abschließende Bewertung bekommen, dass am Erfolg nicht mehr zu zweifeln ist. Dafür mussten in den vergangenen Tagen hunderte Seiten Gesetzestexte übersetzt und bewertet werden. Dann, so heißt es in der Euroarbeitsgruppe, könne man der wegen der Wahlen bereits seit Frühjahr verzögerten Auszahlung der anstehenden Tranchen aus dem zweiten Hilfspaket für die Griechen nähertreten. Es geht um 31,5 Mrd. Euro vom zweiten Quartal und weiteren zwei Tranchen bis Ende 2012 im Umfang von rund 12,5 Mrd.

Sollten die Bedingungen passen, wären die Partner bereit, die gesamte Summe von ca. 44 Mrd. Euro noch vor Weihnachten freizumachen. Damit, hofft man in der Kommission, würde sich die Lage und die Gerüchteküche um Griechenland für längere Zeit beruhigen. Die Notenbank in Athen hat Montag bekanntgegeben, dass der Staat im September erstmals einen Primärüberschuss im Budget von 775 Millionen Euro erzielt hat (also Überschuss vor Zahlung des Schuldendienstes).

Maßnahmen-Katalog

Die definitive Umsetzung des Strukturreformplanes ist nur der erste Schritt. Aufgrund der Verzögerungen klafft eine Finanzierungslücke von 13,5 Mrd. Euro, die die Europartner schließen müssen. Dazu liegt ein ganzer Katalog möglicher Maßnahmen vor.

Eine davon läuft auf eine weitere Senkung der Kreditzinsen für Athen hinaus. Das Abschreiben von Darlehen, die von Eurostaaten gegeben wurden, also ein Schuldenschnitt, "das kommt nicht infrage", heißt es übereinstimmend in Berlin und in Wien. In diesem Zusammenhang wird mit Spannung erwartet, wie der Konflikt zwischen IWF und EU um die Nachhaltigkeit der Schuldenentwicklung in Athen beigelegt wird.

Der IWF drängt unter dem Druck der USA darauf, dass es einen raschen Schuldenschnitt geben soll. Deutschland lehnt das dezidiert ab, nicht zuletzt, weil es die EU-vertragliche Lage verbietet. Nun stellt sich aber die Frage, ob bzw. wie Griechenland bis 2020 auf ein erträgliches Maß an Staatsschuld - 120 Prozent des BIP - kommen soll. Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker stellt sich eine Vertagung bis 2022 vor.

Denkbar ist, dass die Bankenhilfe, die einen großen Teil der Eurohilfen ausmacht, aus dem Staatsbudget rausgerechnet und vom ESM direkt gewährt wird. (Thomas Mayer, DER STANDRAD; 20.11.2012)