Eigentlich sollte die Wahl des neuen UMP-Chefs für die französischen Bürgerlichen der Startschuss zur Rückeroberung der politischen Macht sein - doch nun zerfleischen sie sich selbst: Beide Kandidaten, Generalsekretär Jean-François Copé und Expremier François Fillon, beanspruchten in der Nacht zum Montag den Sieg in der internen Wahl um den Parteivorsitz für sich. "Ich habe gewonnen!", jubelte Copé, obwohl die Wahlkommission noch nicht zu ihrer finalen Sitzung zusammengetreten war. Fillon meinte kurz danach etwas zurückhaltender, er habe wohl einen " Vorsprung" von 224 Stimmen; dem offiziellen Resultat wolle er aber nicht vorgreifen.
Kaum überraschend nach einem giftigen Wahlkampf: Die Kandidaten werfen dem jeweils anderen Wahlbetrug vor. So erklärte die Copé-Anhängerin Michèle Tabarot, die "Fillonisten" hätten in Nizza mit Vollmachten und dreifach geführten Wahllisten gemogelt. Exministerin Valérie Pécresse konterte mit Verweis auf Copés Siegesrede: "Eine Lüge wird nicht dadurch zur Wahrheit, dass man sie ständig wiederholt."
Schnell waren die Medien mit Vergleichen zur Stelle und erinnerten an die Chefinnenwahl im Parti Socialiste (PS), damals 2008: Ségolène Royal hatte sich zunächst als Siegerin deklariert, musste sich aber nach zweitägiger Stimmenauszählung Martine Aubry geschlagen geben. Das Duell in der UMP werde jetzt mit noch größerer Gehässigkeit geführt, kommentierten die Medien.
Expremier Alain Juppé warnte gar: "Die ganze Existenz der UMP steht auf dem Spiel!" Und die Journalistin Nathalie Saint-Cricq meinte, wer auch immer den Vorsitz bekomme, werde nicht verhindern können, dass die " Guerilla" des Gegenlagers weitermache. So steige aber das Risiko einer Parteispaltung.
Sarkozy hofft auf Comeback
Dafür profitieren die anderen, befand der Politologe Dominique Reynié: Der sozialistische Präsident François Hollande atme erleichtert auf, weil starker Gegendruck von ihm abfalle; Exminister Jean-Louis Borloo könne nun seine neue Mittepartei UDI voranbringen, und die Rechtsextremistin Marine Le Pen könne enttäuschte UMP-Wähler anziehen.
Und schließlich könnte das harte Duell Copés mit Fillon einem internen Konkurrenten nützen: Sarkozy, der nach seiner Wahlniederlage gegen Hollande im vergangenen Mai plötzlich wieder eine Alternative für Rechtswähler darstellt. (Stefan Brändle, DER STANDARD, 20.11.2012)