Wie auch in den vergangenen Tagen, so liefen auch am Mittwoch weiter die Fäden der Waffenstillstandsverhandlungen zwischen der Hamas und Israel in Kairo zusammen. Die letzte Besucherin war US-Außenministerin Hillary Clinton, die von Israel beziehungsweise Ramallah kam und sich in die Verhandlungen einschaltete.

Die Vermittlerrolle hatte Ägypten bereits unter Präsident Hosni Mubarak inne, aber unter Mohammed Morsi hat sich der Ton verändert. Als Muslimbruder hat Morsi eine enge Verbindung zur Hamas, die ihre Wurzeln in der ägyptischen Muslimbruderschaft hat. Er kennt ihre Leute und weiß, wie sie denken. Auf der Gegenseite kann er auf die Erfahrungen des Sicherheitsapparates zurückgreifen, der seit vielen Jahren zwischen Palästinensern und Israel vermittelt hat. Dieser Apparat ist auch in der Nach-Mubarak-Ära noch intakt, und seine Beziehungen mit der israelischen Seite bestehen weiterhin. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass Morsi nach der gezielten Ermordung des Hamas-Militärchefs den ägyptischen Botschafter aus Tel Aviv abgezogen hat. Die mühsame Detailarbeit liegt in den Händen von Geheimdienstchef Mohammed Raafat Shehata.

Mit dem Grenzübergang in Rafah und den Tunneln, in denen Güter aller Art in den Gazastreifen geschmuggelt werden, hat Morsi wichtige Druckmittel gegenüber der Hamas in der Hand. Hier kann er entscheiden, wie viel Spielraum er ihr einräumt. Eine schnelle Einigung liegt auch im Interesse Ägyptens. Die Gefahr, dass der Konflikt auf den Sinai übergreift, ist immer latent vorhanden. Ein Verhandlungsdurchbruch wäre aber auch ein willkommener politischer Erfolg für Morsi.

Der steht aber von mehreren Seiten unter Druck. Beide Kriegsparteien wollen einen möglichst hohen Preis für einen Waffenstillstand, und die ägyptische Bevölkerung verlangt, dass die Lösung des Palästina-Problems vorangetrieben wird. Deshalb liegt ein dauerhaftes Abkommen, das auch Garantien enthält, nicht nur im Interesse beider Konfliktparteien, sondern auch im Interesse Ägyptens, das deshalb auch andere regionale Mächte mit Einfluss auf die Hamas, wie die Türkei und Katar, mit einbezieht.

Der ägyptische Außenminister Kamel Amr, der am Dienstag einen Hilfskonvoi in den Gazastreifen begleitet hatte, nannte die Schäden " mehr, als was berichtet wurde". Bis Mittwoch gab es laut der israelischen Tageszeitung Haaretz 140 Todesopfer, mehr als 30 davon Kinder. (Astrid Frefel, DER STANDARD, 22.11.2012)