Griechenland hat acht Monate gebraucht, um das verlangte umfangreiche Gesetzespaket mit all den Spar-, Reform- und Sanierungszielen als Gegenstück zu Milliardenhilfen der Partner endlich fix und fertig in Brüssel abzuliefern. Die Kreditgeberstaaten in der Eurogruppe und der Währungsfonds (IWF) waren dann binnen acht Tagen nicht in der Lage, sich auf eine Anpassung des laufenden Hilfsprogramms zu einigen.

Auf diese unaufgeregte Formel mit Zeitschiene sollte man das erfolglose Auseinandergehen der Finanzminister der Eurozone beim Thema "Wie geht es weiter mit Griechenland?" bringen. Vielleicht brauchen sie noch einmal acht Tage mehr; schaffen es auch beim dritten Versuch am Montag noch nicht, alle Problemlösungselemente unter Dach und Fach zu bringen.

So what? Wozu die Aufregung über ein angebliches "Scheitern" der Eurogruppe, wie das da und dort wieder genüsslich kolportiert wird, vor allem von jenen, die Griechenland und mit ihm auch gleich den Euro seit Jahr und Tag zu Tode reden?

Der lange erwartete Troika-Bericht hat ergeben, dass man bis zum Jahr 2016 zusätzlich 32 Milliarden Euro aufbringen muss, um Griechenland über die Runden zu bringen: Das ist viel Geld, gewiss, aber kein Grund, eine neue Welle der Hysterie um eine angeblich vor der Tür stehende Pleite in Athen loszutreten.

Setzt man die jüngst errechnete Summe in Beziehung zu allen bereits beschlossenen, laufenden und abgeschlossenen Maßnahmen, so geht es um eine Aufstockung von "nur" zehn Prozent. Mehr als 200 Milliarden Euro bekommt das Land bereits an Kredithilfen, gut 100 Milliarden haben private Gläubiger im Frühjahr per Schuldenschnitt beigesteuert.

Anderes Beispiel, das den neuen Kapitalbedarf relativiert: Vor zwei Jahren haben EU, EZB und IWF angenommen, dass die griechische Regierung gut 50 Milliarden Euro durch Privatisierungen von Staatsunternehmen und -anteilen erlösen könnte. Die Troika weist nach, dass man sich gewaltig verschätzt hat. Viel mehr als elf, zwölf Milliarden seien durch Privatisierungen vorerst nicht reinzubringen. Es wäre also klug, würden die Finanzminister ihren Bürgern, die als Steuerzahler haften, reinen Wein einschenken - und das erklären, statt zu verschleiern. Noch jedes Sanierungsprogramm, das der IWF durchgezogen hat, musste nach einer gewissen Zeit nachgebessert werden.

Das ist nur vernünftig, weil es die Erfolgschancen erhöht. Der Troika-Bericht enthält auch eine ganze Reihe von Analysen und Einschätzungen, dass in Griechenland bereits sehr viel an erfolgreicher Sanierungsarbeit geleistet wurde; dass die Bevölkerung viele Opfer gebracht hat; dass das Staatsbudget jenseits der Schuldenlast bereits heute auf gutem Kurs ist.

Auch das sollten die Minister den Bürgern mitteilen: Die Hilfe für Griechenland ist keine Geldvernichtungsmaschine, aber ein unendlich hartes Stück Arbeit für alle Beteiligten - die Hilfsempfänger wie auch die Geber. Es sollte auch nie vergessen werden, dass hier ein EU-Land an der südlichen Peripherie der Union vor Zusammenbruch und Unruhen bewahrt wird.

Ein rascher Schuldenschnitt ist für Deutschland wegen der Verfassung nicht möglich. Wie man die Hilfe technisch umsetzt, wie Staaten ihre Kreditlinien gestalten, ob sie gar auf Zinsgewinne verzichten, die sie mit Krediten, machen, das braucht Zeit, muss cool abgearbeitet werden bis zum Konsens. (Thomas Mayer, DER STANDARD, 22.11.2012)