Bordeaux - Mit Erleichterung haben Frankreichs Konservative die Nachricht aufgenommen, dass ein Ermittlungsverfahren gegen ihren Ex-Präsidenten Nicolas Sarkozy in der Affäre Bettencourt abgewendet ist. Für Sarkozy sei der Fall "abgeschlossen", sagte Ex-Premierminister François Fillon, der im Moment in einen erbitterten Machtkampf um die Nachfolge Sarkozys als Parteichef der konservativen UMP verstrickt ist, am Freitag dem Sender RTL. Nach rund zwölfstündiger Befragung hatte ein Untersuchungsrichter am Donnerstag auf ein Ermittlungsverfahren gegen den Ex-Staatschef verzichtet.
Sarkozy wurde nach der Befragung in Bordeaux als Zeuge mit Rechtsbeistand eingestuft, was in Frankreich einem Zwitterstatus zwischen Beschuldigtem und Zeugen entspricht. Dies schließt ein späteres Ermittlungsverfahren gegen Sarkozy in der Affäre jedoch nicht aus, falls neue Anschuldigungen gegen ihn erhoben werden sollten.
In dem Fall ging es um den Verdacht der illegalen Finanzierung des Präsidentschaftswahlkampfs von Sarkozy 2007. Die Ermittler untersuchen seit Monaten die Finanzströme im Imperium der 90-jährigen L'Oréal-Milliardärin Liliane Bettencourt, die seit 2006 an fortschreitender Demenz leidet und im Oktober 2011 deshalb entmündigt wurde. Gegen Sarkozy hätte ein Ermittlungsverfahren wegen "Ausnutzung der Schwäche" der reichsten Frau Frankreichs eröffnet werden können. Geprüft werden unter anderem zwei Bar-Abhebungen von Bettencourts Konten von je 400.000 Euro.
Sarkozy hatte mehrfach alle Vorwürfe zurückgewiesen. Er ist nach Jacques Chirac erst der zweite Präsident Frankreichs, der seit 1958 von einem Untersuchungsrichter vorgeladen wurde. Auch Chirac war zunächst als Zeuge mit Rechtsbeistand eingestuft, ein Ermittlungsverfahren wurde später eröffnet, 2011 wurde er wegen der Einrichtung von Scheinarbeitsstellen verurteilt.
Fillon sagte nun, "wenn es nur die geringste Möglichkeit oder den geringsten Zweifel gegeben hätte, wäre das Ermittlungsverfahren verkündet worden". Auch Fillons erbitterter Rivale im Machtkampf bei der UMP, Jean-François Copé, brachte seine Freude über die Entscheidung in Bordeaux zum Ausdruck. "Es ist Zeit, damit aufzuhören, Nicolas Sarkozy systematisch in den Dreck ziehen zu wollen", erklärte er.
In der tief gespaltenen UMP hoffen viele auf ein Comeback des Ex-Präsidenten. Der 57-Jährige, der im Mai die Präsidentschaftswahl gegen den Sozialisten François Hollande verloren hatte, liegt einer neuen Umfrage zufolge mit 52 Prozent bei den UMP-Anhängern als möglicher Präsidentschaftskandidat für 2017 klar vorne. (APA, 23.11.2012)