Transparenz: Bei öko-fairer Bekleidung ist nur drin, was auf dem Label draufsteht.

Foto: Patricia Weißkirchner/Göttin des Glücks

Wien - T-Shirts, die mit einem giftigen Chemie-Cocktail behandelt und gefärbt sind, um "bügelfrei" oder "easywash" sein zu können. Markenschuhe, die von Kinderhänden in Fabriken zusammengenäht werden. Jacken und Hosen, an denen Arbeiter gewerkt haben, die von einer 40-Stunden-Woche oder Mindestlohn noch nie in ihrem Leben gehört haben.
In der Bekleidungsbranche - vom Diskonter bis zum Luxuslabel - sind das keine Horrormärchen, sondern Realitäten. Allein in dieser Woche wurden Berichte von Greenpeace und der Clean Clothes Kampagne (CCK) veröffentlicht. Greenpeace hat bei Labortests hormonell wirksame wie krebserregende Chemikalien in Textilien ausgemacht. Getestet wurde Wäsche von Diesel, H&M oder Armani, ein in Österreich gekauftes T-Shirt von Tommy Hilfiger enthielt eine hohe Menge an Weichmachern. CCK hat von den Händlern Hervis, Sport Eybl und Sports Experts keine Antwort auf die Frage nach möglicherweise fragwürdigen Arbeitsumständen der Näherinnen ihrer Bekleidungsstücke erhalten.

Wie Kunden sichergehen können, dass ihre Kleidung sauber und fair hergestellt wurde? "Das ist derzeit nur durch Gütesiegel möglich", sagt Lisa Muhr vom Wiener Modelabel "Göttin des Glücks" dem STANDARD. Zwar darf in der EU produzierte Bekleidung mit keinen schädlichen Chemikalien behandelt werden. Andererseits: Wie viel Bekleidung wird in der EU produziert? Der Import von verseuchter Ware aus Entwicklungsländern unterliegt keinen Bestimmungen.

Seit 2006 den GOTS-Kriterien verpflichtet

Das Modelabel "Göttin des Glücks" verpflichtet sich seit 2006 freiwillig den Kriterien des Global Organic Textile Standard (GOTS). Damit ist sichergestellt, dass Arbeiter ausreichend entlohnt werden, keine bedenklichen Chemikalien zum Einsatz kommen, auf umweltschonende Produktion geachtet und Bio-Baumwolle verarbeitet wird. Das Label "Fair Trade" garantiert, dass der Rohstoff, also Bio-Baumwolle, fair abgebaut wird, Bauern erhalten zudem langfristige Abnehmverträge.

Produktionsstätten für die von Muhr und ihren Partnern Igor Sapic aus Kroatien und der Bulgarin Dessi Stoytcheva designten Modestücke sind in Kalkutta, Indien, und auf Mauritius. Importiert werden die Waren von der Entwicklungszusammenarbeit Fairer Handel. "Wir haben uns dreifach abgesichert", sagt Muhr. Der überwiegende Großteil der Konzerne kann derlei kontrollierten Zertifizierungen noch nicht wirklich viel abgewinnen. Muhr: "Dafür können T-Shirts um fünf Euro erstanden werden. Die Konsumenten sollten sich fragen, wie es zu diesem Preis kommt, und nicht, welches Schnäppchen noch günstiger zu kriegen wäre."

Anders als bei Lebensmitteln müssen Modekonzerne nicht ausschildern, von welchen Produzenten sie Kleidungsstücke beziehen. Muhr fordert ein politisches Umdenken - als Schutz für Arbeiter und Kunden. "Wir tragen diese mit chemischen Materialien behandelten Klamotten schließlich selbst auf unserer Haut." Waschen ist keine Lösung, sagt Claudia Sprinz von Greenpeace. "Wir helfen den Konzernen damit beim Beseitigen ihrer Giftstoffe und verunreinigen unsere Gewässer."

Suchen und finden 

30.000 Kleidungsstücke lässt "Göttin des Glücks" im Jahr produzieren, verkauft werden sie in Shops in Wien, Graz, Linz, St. Pölten und in den Weltläden. Billig ist die öko-faire Mode nicht, drei- bis viermal teurer als bei Billig-Diskontern. "Mit Adidas oder Puma können unsere Preise aber mithalten", sagt Muhr. Öko-faire Kleidung bieten auch zahlreiche Labels wie Anukoo oder Green Ground an, in Online-Shops lässt sich nachhaltige und fair produzierte Fashion finden, wenn man danach sucht. Die Alternative ist Recycling-Mode. Turnschuhe und Sneakers der Hamburger Manufaktur Lunge werden in Deutschland hergestellt und sind ab 170 Euro zu haben. Muhr: "Was der Öko-Branche abgeht, ist noch ein Label für fair produzierte hochhackige Business-Schuhe." (David Krutzler, DER STANDARD, 24.11.2012)