Wien - Nach langen, zähen Verhandlungen steht nun fest: Der ÖBB-Personenverkehr schafft Nahverkehrszüge für die Wiener Schnellbahn und den Großraum Wien an. Die Entscheidung ist noch nicht offiziell, aber intern bereits fixiert. Es werden hundert Triebwagenzüge des Typs Desiro ML bei Siemens gekauft. Das erfuhr der Standard aus mit der Materie vertrauten Unternehmenskreisen.

Ausschlaggebend war demnach, dass Siemens in den langwierigen Vertragsverhandlungen beim Kaufpreis letztlich deutlich nachgegeben habe. Außerdem soll ein Teil der Assembling-Leistungen von der ÖBB-Werkstättentochter Technische Services erbracht werden. Der Kaufpreis wird von ÖBB-Insidern auf 550 bis 600 Millionen Euro taxiert. Das sind um gut 50 Mio. Euro weniger, als die Züge vor zwei Jahren gekostet hätten.

Keine Bestätigung

Bei Siemens wollte man den Großauftrag nicht bestätigen, man sei in Verhandlungen, sagte ein Sprecher von Siemens Österreich. Auch bei der ÖBB dementierte niemand, man verwies auf zwei außerordentliche Aufsichtsratssitzungen von ÖBB-Holding und ÖBB-Personenverkehr AG, die vor Weihnachten abgehalten werden.

Die Großinvestition in rollendes Material gehört zu den größeren in der jüngeren Unternehmensgeschichte der ÖBB. Die neuen Schnellbahnzüge, mit denen die seit bald 35 Jahren kurvenden blau-weißen 4020er-Triebwagen ersetzt werden sollen, werden in Krefeld in Deutschland gefertigt.

Die Direktvergabe an Siemens basiert auf einem Rahmenvertrag vom April 2010 von ÖBB und Siemens für die Lieferung von bis zu 200 elektrischen Nahverkehrstriebwagen (inklusive Instandhaltung, Wartung) um bis zu 1,3 Milliarden Euro. Er war für eine Linienkonzession in Bayern ("Werdenfels" ) geschlossen worden, wo die ÖBB aber abblitzte. Genau dieser Umstand könnte nun Probleme bringen. Denn die ÖBB hat nun andere Anforderungen, sie kauft Zweisystemtriebwagen, die auch in Tschechien und Ungarn fahren können. Für Bayern wollte man damals Einsystemzüge. (Luise Ungerboeck, DER STANDARD, 24./25.11.2012)