Die Forscher trotzten dem unwirtlichen Klima über dem Eis, um tief darunter Mikroben zu finden.

Foto: Desert Research Institute, Reno / E. Kuhn

Washington/Wien - Lebensfeindlichere Bedingungen als jene im antarktischen Lake Vida (Spanisch für "Leben") sind schwer vorstellbar: Der See, der in einer Eiswüstengegend nahe der US-amerikanischen McMurdo-Station liegt, ist praktisch vollständig vereist; ab rund 10 Meter Tiefe allerdings, abgeschlossen von Licht und Sauerstoff, gibt es Salzwasser, das minus 13 Grad Celsius kalt ist und seit mindestens 2800 Jahren keinen Kontakt mehr mit der Oberfläche gehabt haben dürfte.

Dennoch existiert Leben im Lake Vida. Bereits vor mehr als zehn Jahren entdeckte ein internationales Wissenschafterteam in Eisbohrkernen aus dem See Spuren von Leben: Mikroben, die dem Salz, der Dunkelheit, dem Fehlen von Sauerstoff trotzen. Wie aber machen sie das? Oder ging die Entdeckung womöglich doch bloß auf Verunreinigungen bei der Bohrung zurück?

2005 und 2010 holten die Forscher um Alison Murray vom Wüstenforschungsinstitut in Reno (USA) einige weitere Eiskerne und Wasserproben aus dem zu einem Gutteil vereisten See. Um ganz sicherzugehen, unverfälschte Proben zu nehmen, taten sie das unter extremen Vorsichtsmaßnahmen. Wie die Forscher nun im Fachblatt "PNAS" berichten, bestätigte sich, dass unter der Eisschicht tatsächlich ein ganzes Ökosystem von Bakterien lebt.

In der Salzlake, die in das Bohrloch sickerte, fanden sie vielfältige Mikroben, die mit minimalem Stoffwechsel in der salzigen, leicht sauren Brühe (pH-Wert von 6,2) existieren. Ihre Energie erhalten sie durch chemische Reaktionen, die durch die Inhaltsstoffe der Sole möglich werden: Durch den Kontakt des Salzwassers mit dem umliegenden Gestein enthält die Brühe Spuren von Metallen, gelöstem organischem Kohlenstoff, Wasserstoff und hohe Konzentrationen oxidierten Stickstoffs. (Klaus Taschwer, DER STANDARD, 27.11.2012)