Österreich war der Auslöser", freut sich Sabri Saidam, Berater des palästinensischen Präsidenten, darüber, dass nun plötzlich ein europäisches Land nach dem anderen mitteilt, es werde am Donnerstag für die Aufwertung der Palästinenser bei der Uno stimmen. "Jetzt bearbeite ich gerade den britischen Konsul, wir wollen auch London noch überzeugen."
Das Gespräch findet in der Mukataa statt, dem Regierungshauptquartier in Ramallah. Ein gewaltiges Banner zeigt den verstorbenen Palästinenserpräsidenten Yassir Arafat, seinen Nachfolger Mahmud Abbas, zwischen ihnen den Felsendom in Jerusalem und darunter den Schriftzug: " UN - Staat Palästina". Doch der Hof der Mukataa ist still und leer, und auch auf den Straßen ist am Tag vor der Abstimmung, die zumindest dem Wortlaut nach einen Palästinenserstaat schaffen wird, von Aufbruch kaum etwas zu sehen.
Vielleicht hat die Erfahrung des Vorjahrs die Menschen vorsichtig gemacht - im September 2011 hatte es Flaggenmeere und viel Euphorie gegeben, als Abbas in New York die UN-Vollmitgliedschaft ansteuerte. Dann verlief die Initiative angesichts des Widerstands im Sicherheitsrat im Sand.
Doch "morgen wird es ein großer Tag für die Palästinenser", sagt Saidam. " Palästina wird entstehen - ja, nur als Beobachterstaat, aber das bedeutet, dass die palästinensischen Gebiete nicht mehr als umstrittene Gebiete betrachtet werden, wie die Israelis das möchten, und als Beobachterstaat sind wir Teil aller UN-Institutionen".
Im Stadtzentrum gehen die Geschäfte vor Waren über, und Politik nimmt weniger Raum ein als in früheren Jahren - die Reklametafeln für Samsung-Galaxy-Geräte und Bic-Rasierer sind viel größer als die Abbas-Poster.
Unterstützung für Abbas
Aber der Präsident scheint mit dem Gang zur Uno zu punkten. "Alle sind jetzt hoffnungsvoll, und ich denke, jetzt wird sich etwas verändern", sagt eine pensionierte Beamtin, "wir warten schon 19 Jahre auf eine Bewegung", womit sie das 1993 geschlossene Oslo-Abkommen meint. "Es gibt auch Leute, die dagegen sind, weil sie sagen, dass man so keinen Staat bekommen kann", meint Mustafa Hamdan, ein Betriebswirtschaftsstudent, " aber fast alle unterstützen Abbas und sind froh, dass wir zur Uno gehen."
Gar nicht froh sind die Israelis, die in dem Schritt eine Verletzung des Oslo-Abkommens sehen. "Die Palästinenser haben alles getan, um mit verschiedenen Vorbedingungen Verhandlungen zu vermeiden", sagt Zalman Shoval, Exbotschafter in den USA, "und wenn das nicht mehr geht, dann laufen sie zur UN und versuchen, Tatsachen zu schaffen, ohne mit Israel zu verhandeln - das kann zu nichts Positivem führen."
Im Vorfeld hatte Israel sogar Sanktionen in Aussicht gestellt, sollte Abbas an seinem UN-Antrag festhalten, etwa das Einfrieren von Geldtransfers an die Palästinenser, ein großes neues Bauprojekt östlich von Jerusalem oder gar die Annexion aller Siedlungen. Doch zuletzt sah es immer mehr danach aus, als hätte die israelische Führung sich damit abgefunden, den Rückschlag reaktionslos einstecken zu müssen. (Ben Segenreich, DER STANDARD, 29.11.2012)