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Weggesperrt: Ob zu Recht oder nicht, muss sich jetzt herausstellen.

Foto: Reuters/Stringer

München - Fast sieben Jahre nach der Zwangsunterbringung des Nürnbergers Gustl Mollath in der Psychiatrie gerät die bayrische Justiz in Erklärungsnot. Ein Revisionsbericht der HypoVereinsbank (HVB) aus dem Jahr 2003, dessen Inhalt erst jetzt publik wurde, bestätigt, dass von Mollath gegen Mitarbeiter der Bank erhobenen Vorwürfe zutrafen. Die HVB soll ihren internen Bericht erst 2011 an die Staatsanwaltschaft gegeben haben.

Was war geschehen? Mollath, geboren 1956 und früher mit einer Vermögensberaterin der deutschen HVB in Nürnberg verheiratet, hatte einst behauptet, dass seine Frau für reiche Kunden in großem Stil Schwarzgeld in die Schweiz transferierte. Anfangs habe er selbst dabei geholfen, sagte der gelernte Maschinenschlosser. Geglaubt hat man ihm allerdings nicht. Mollath schrieb Briefe an die Staatsanwaltschaft und sogar an den damaligen bayrischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber (CSU). Nachdem Mollaths Frau ihn beschuldigt hatte, sie geschlagen zu haben, wurde dem Bayer von Gutachtern eine psychische Krankheit attestiert. Er lebe in einer paranoiden Wahnwelt, sei gewalttätig und gefährlich. Dazu zeige er "keine Krankeneinsicht", zitierte die deutsche Wochenzeitung "Die Zeit" aus einem Gutachten von damals. Daraufhin landete Mollath in der psychiatrischen Abteilung des Bezirkskrankenhauses Bayreuth.

Gericht berät wieder

Ein Sprecher des Oberlandesgerichts Bamberg erklärte am Mittwoch, dass derzeit das Gericht wieder über den Fall berate, der Fall voraussichtlich wieder aufgerollt werde. Mollaths Verteidiger hatten vor ein paar Monaten zum wiederholten Mal erfolglos die Freilassung beantragt. Die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth will nun ein weiteres Gutachten einholen lassen.

Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) hat die erneute Überprüfung des Falles Mollath begrüßt. Am Mittwoch machte sie deutlich, dass sie ein von der Staatsanwaltschaft angestrebtes weiteres Gutachten nicht als Indiz dafür sieht, dass Mollath möglicherweise zu Unrecht seit sechs Jahren in der Psychiatrie sitzt: "Es ist vielmehr so, dass die Justiz deutlich macht, dass sie transparent arbeitet und dass sie sich auch einer weiteren Überprüfung nicht verwehrt", sagte Merk.

"Wenn man einem Menschen die Freiheit nimmt, dann muss man das achtsam und höchst sorgfältig machen." Dies hätten die Gerichte getan, versicherte Merk am Mittwoch. Sie hätten auf die Einschätzungen verschiedener Gutachter gebaut. "Und zwar renommierter Psychiater, die in Deutschland einen Namen haben, einen Ruf haben." Es seien auch mehr Gutachter eingesetzt worden als vom Gesetz verlangt.

Gerichte entscheiden unabhängig

Auch wenn das neue Gutachten zu dem Ergebnis kommen sollte, dass Mollath nicht psychisch krank ist, sähe Merk keinen Grund, ihr Amt aufzugeben. "Die Gerichte in unserem Land entscheiden völlig unabhängig", betonte sie. "Eine Justizministerin hat mit diesen Gerichten überhaupt nichts zu tun. Das heißt, sie hat auch keine Möglichkeit, auf die Entscheidungsfindung eines Gerichts Einfluss zu nehmen." (Reuters, red, derStandard.at, 29.11.2012)