Studio Braun als Fraktus.

Foto: Staatsakt

Manchmal werden Träume am Ende doch noch wahr. Manchmal aber sind es die falschen. Und das geht so: Irgendwann in den 1980er-Jahren fanden sich im deutschen Brunsbüttel drei junge ehrgeizige Männer zusammen, die eine Band mit dem nicht wirklich coolen Namen Freakazzé gründeten. An den äußeren Rändern der Mitsingharmonien und eines breiten Publikumsgeschmacks sorgte das Trio mit einem ausschließlich aus Hundegebell zur Melodie des Glockenschlags von Big Ben bestehenden Songs weder für Furore, noch verkaufte sich das nachgereichte Album "Tut Ench Amour".

Mit repetitiven Rhythmen und Bassfiguren, vielfach auch produziert auf selbstgebauten Instrumenten, gilt das Frühwerk der bald in Fraktus umbenannten Band zwar als im Nachhinein erkannter kreativer Höhepunkt der damals hochschwappenden Neuen Deutschen Welle. Experten gehen sogar so weit, hier die Wurzeln der erst gut ein Jahrzehnt später aufpoppenden Technomusik zu verorten.

Nach einer Umbesetzung und kommerzielleren Neuausrichtung der Band war dann 1983 mit der Single "Affe sucht Liebe" und dem dazugehörigen Album "Automate" aber auch schon wieder Schluss mit Fraktus. Die alten Fans warfen Fraktus künstlerischen Ausverkauf vor, die Band ging im Streit auseinander.

Sänger Dirk "Dickie" Schubert machte sich in Hamburg als Besitzer eines frühen Fax-Cafés bürgerlich-selbstständig, später stellte er auf Internet um. Musiker Bernd Wand führt im heimischen Brunsbüttel gemeinsam mit seinen Eltern ein Optikergeschäft und ehrt das Andenken an Fraktus gemeinsam mit Vater und Mutter in der Combo Fraktus 2. Nur Produzent Torsten Bage ist im Musikgeschäft geblieben. Er wanderte nach Ibiza aus, erfand dort DJ Ötzi und ist bis heute als äußerst erfolgreicher Macher von tanzbarer Stimmungsmusik aktiv.

Ein Vierteljahrhundert später gelten die glücklosen Fraktus mit alten Songs wie "Supergau", "Bombenalarm" oder "Computerliebe" längst als kultisch verehrte Technoväter. Ihnen erweisen so unterschiedliche Musiker wie Dieter Meier von Yello, Blixa Bargeld von den Einstürzenden Neubauten, DJane Marusha oder H. P. Baxxter von Scooter oder Jan Delay ihre Reverenz. Blixa Bargeld heute: "Ich weiß nicht, ob Fraktus ihrer Zeit voraus waren, weil ihre Zeit ja noch gar nicht vorbei ist."

Ein Musikproduzent macht sich also 25 Jahre nach dem Ende dieses zart leuchtenden Sterns auf, Fraktus für ein großes Comeback wieder zusammenzubringen. Auch ein neues Album soll entstehen. Liveauftritte bei großen Festivals sind geplant. Dazu wird ein Dokumentarfilm über dieses fast vergessene Phänomen der deutschen Musik gedreht. Blöd nur, dass sich Fraktus bis heute nicht nur nicht riechen können, sondern überhaupt auch alles andere katastrophal schiefgeht.

Leider hat sich für die derzeit mit einigem Erfolg in den deutschen Kinos laufende Fake-Dokumentation, also Mockumentary "Fraktus - Das letzte Kapitel der Musikgeschichte" bisher keine österreichische Verleihfirma gefunden. Eine DVD wird 2013 hoffentlich Abhilfe schaffen. Man muss sich also vorerst mit den überaus lustigen und konsequent durchgezogenen Social-Media-Auftritten der als Studio Braun bekannten Hamburger Humoristen und Autoren Heinz Strunk ("Fleisch ist mein Gemüse"), Rocko Schamoni (Dorfpunks) sowie Musiker und eh auch Komiker Jacques Palminger zufriedengeben.

Herrlich etwa der anlässlich der Filmpremiere produzierte Youtube-Clip "Das Beste Interview ihrer Karriere" oder das "historische" Musikvideo "All die armen Menschen". Allerdings liegt mit der "Millennium Edition" beim Berliner Label Staatsakt ein "Best of"-Album vor, das alle vermeintlichen Fraktus-Klassiker enthält. Sie können dies demnächst auch auf ihrer Faschingsparty für ältere Leute zum Einsatz bringen. Helau!    (Christian Schachinger, Rondo,  DER STANDARD, 30.11.2012)