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Der Gesang klingt, als würde Chris Cornells Brustkorb im Schraubstock stecken. Am Hals darüber müssen die Adern hervortreten wie einst an Sylvester Stallones Luftschlauch beim Armdrücken in der unfreiwilligen Komödie "Over the Top". Solcherart am Schnaufen gesteht Cornell, dass er zu lange weg war.

"Been Away Too Long" heißt der Eröffnungssong von "King Animal", dem Comeback-Album von Soundgarden. Es ist ein guter Song. Zwar hat sich die Welt in den 16 Jahren seit dem letzten Album auch ohne Soundgarden weitergedreht, aber der Song kracht. Soundgarden sind nicht zurückgekommen, um im Schaukelstuhl schunkelnd einen lauwarmen Furz als Comeback zu verscherbeln.

An der Peripherie von Grunge erlangten Soundgarden aus Seattle Ruhm und Macht mit der Wiederbelebung des Hardrock, für die eine Punk- und Hardcore-Prägung gerade recht war. Nachdem Hardrock in den 1980ern zu viel Zeit unter der Trockenhaube oder auf Betty Fords Anwesen verbracht hatte, war es an jungen Bands wie Soundgarden, dem lächerlich gewordenen Genre wieder Gefährlichkeit zuzuführen. Statt Dauerwelle, Heroin und Kajal war ein neuer Grind angesagt, und den konnten Soundgarden einbringen.

Nach dem in schönstem Dieter-Bohlen-Englisch betitelten Debüt "Ultramega OK", das die Band noch im Wiener Chelsea vorgestellt hatte, landete Soundgarden schon mit dem zweiten Album "Louder Than Love" bei einem Major und alsbald im Vorprogramm von Guns N' Roses auf der Donauinsel. So schnell konnte es damals gehen.

Es folgten all die Freuden und Verfehlungen im Sog der Grunge-Welteroberung, als alles möglich erschien, bis dann drei, vier Jahre später nichts mehr ging. Zu dem Zeitpunkt hatten Soundgarden ihre Porsches längst in der Garage und machten vernünftig Schluss. Man vertrieb sich die Zeit mit Soloalben oder als Schnarchsäcke ist gleich Audio-slave. Vergeben und zum Vergessen.

Soundgarden neu klingen nun wie Soundgarden alt. Elektronische Beats wie beim finalen Stück "Rowing" hätte es früher zwar nicht gegeben, aber der Rest ist Hausmarke. Erstaunlicherweise wird das der Band jetzt vorgehalten. Originell, wenn man bedenkt, wie wertkonservativ Hardrock ist. Diesen spielen Soundgarden wie immer. Also wahlweise zäh drückend oder schnell. Beschleunigt klingt er besser und jünger und weniger nach Bankdrücken mit zu viel Eisen, aber das ist Kleingeld.

"King Animal" hätte als überambitioniertes Projekt in die Hose gehen können. Das ist nicht passiert. Soundgarden pflegen, was sie können und das machen sie ziemlich gut. (Karl Fluch, Rondo, DER STANDARD, 30.11.2012)