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Schlossen eine außergericht liche Einigung aus und erzielten sie nun doch: Dominique Strauss-Kahn und Nafissatou Diallo.

Foto: dapd

Sie verlangten beide restlose Aufklärung und schworen, sicher keinem Deal zuzustimmen. Jetzt haben sich die beiden Protagonisten der sogenannten Sofitel-Affäre laut Pressemeldungen aber auf einen außergerichtlichen Vergleich geeinigt. Die New York Times berichtete, die Anwälte von Dominique Strauss-Kahn und Nafissatou Diallo hätten sich eine Woche vor einem Gerichtstermin auf die Beilegung der Klage verständigt. Stunden später lieferte Le Monde den Betrag nach: Sechs Millionen Dollar sei Strauss-Kahn das Schweigen der 33-jährigen Hotelangestellten wert.

Der Vergewaltigung bezichtigt

Strauss-Kahn war im Mai 2011 auf den New Yorker Flughafen verhaftet worden, kurz nachdem ihn Diallo der Vergewaltigung bezichtigt hatte. Nach monatelangen Ermittlungen stellte die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Das planetare Medienecho erstarb nicht so schnell; auch in Paris mehrten sich Klagen gegen den "Frauenbelästiger" Strauss-Kahn. In New York verlangte Diallo noch eine zivilrechtliche Entschädigung wegen "gewalttätiger und sadistischer Attacken, erniedrigenden Verhaltens und Angriff auf ihre Frauenwürde".

"Moralischer Fehler" eingeräumt

Strauss-Kahn erklärte mehrfach, er lehne jedes finanzielle Arrangement ab, da er gegen kein Gesetz verstoßen habe. Bei einem Fernsehauftritt räumte er nur einen "moralischen Fehler" ein; auch Diallo ließ verlauten, sie werde kein Geld akzeptieren, da es ihr nicht darum gehe.

Die - unbestätigten - Meldungen über die Einigung erfolgen nicht ganz unerwartet. Diallo, die nach der Affäre ihren Arbeitsplatz aufgegeben hatte, soll auf finanzielle Hilfe angewiesen sein. Strauss-Kahn kam wohl zur Einsicht, dass eine Einigung, die viele Fragen offen lässt, einem jahrelangen Verfahren vorzuziehen sei.

"Strauss-Kahn kann nun sagen, dass Nafissatou Diallo den Prozess nur des Geldes wegen angestrengt habe", meint der bekannte US-Anwalt Alan Dershowitz. "Das Zimmermädchen kann seinerseits erklären, die erhaltene ‚Entschädigung‘ sei der Beweis, dass sich Strauss-Kahn wirklich etwas vorzuwerfen hatte."

Die häufigen Entschädigungsabkommen vor amerikanischen Zivilgerichten schließen meist eine absolute Schweigepflicht ein. Laut Le Monde soll das Abkommen aber kommenden Freitag unterzeichnet werden.

Geld von Ehefrau geborgt

Laut Le Monde kann Strauss-Kahn die Summe nicht aus eigener Tasche zahlen; der 63-Jährige werde drei Millionen Dollar als Bankkredit aufnehmen und drei Millionen von seiner wohlhabenden Frau "geliehen" bekommen. Sinclair hatte schon seine Kaution und die Miete einer Luxuswohnung in New York zu Beginn der Sofitel-Affäre bezahlt.

Am 19. Dezember muss ein Gericht im französischen Lille entscheiden, ob die Ermittlungen gegen Strauss-Kahn wegen "organisierter Zuhälterei" ebenfalls eingestellt werden sollen. Strauss-Kahn gibt die Beteiligung an Sexorgien "im Freundeskreise" zu, will aber nicht gewusst haben, dass es sich bei den Frauen um bezahlte Prostituierte handelte.

Sollte auch der Zuhälterei-Vorwurf fallen gelassen werden, könnte Strauss-Kahn eine Rückkehr in die französische Politik anstreben. Laut Le Figaro plant er für die Gemeindewahlen 2014 eine Kandidatur in Sarcelles bei Paris. (Stefan Brändle aus Paris, DER STANDARD, 1./2.12.2012)