"Da züchten wir uns einen grünen Josef Cap." Interne Kritik an der Wahl Sigi Maurers auf die Bundesliste der Grünen.

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Linz - Die grüne Parteispitze wirkt müde an diesem zweiten Tag des Bundeskongresses in Linz. Doch nicht die politische Arbeit hat ihre Spuren hinterlassen, vielmehr hatte die grüne Partynacht in der Linzer Tabakfabrik Samstagabend ihre Länge. Worin sich auch die Eröffnungsworte von Parteichefin Eva Glawischnig begründen: "Wer lange feiert, kann auch früh aufstehen - diese Logik habe ich noch nie verstanden." Die Grünen sind in Feierlaune. Was auch am Bundeskongress deutlich spürbar ist. Die Stimmung auffallend harmonisch, kaum Kritik aus den eigenen Reihen und inhaltlich wenig Neues. Die grüne Wohlfühlwolke schwebte über Linz. Oder um es mit den Worten von Eva Glawischnig zu sagen: "Der grüne Spirit - wir verbessern die Welt jeden Tag ein kleines Stück."

Kernthema des Treffens in Linz am vergangenen Wochenende war die Mannschaftsaufstellung für die Nationalratswahl 2013. Erwartungsgemäß wird Glawischnig die Grünen als Spitzenkandidatin in die Wahl führen und bleibt Parteichefin. Beim Bundeskongress erhielt sie für beide Aufgaben jeweils mehr als 90 Prozent Delegiertenzustimmung.

Gerangel in der vierten Reihe

Bei der Wahl der Bundeslisten-Positionen mussten sich weder Glawischnig noch ihr Vize Werner Kogler oder Ex-U-Ausschuss-Vorsitzende Gabriela Moser für die Plätze eins bis drei mit Gegenkandidaten auseinandersetzen. Erst Sicherheitssprecher Peter Pilz hatte sich für Platz 4 gegen drei Konkurrenten durchzusetzen, was ihm letztlich knapp gelang.

Auf die Bundesliste schafften es neben Europasprecher Bruno Rossmann auch zwei Neulinge: Ex-ÖH-Chefin Sigrid Maurer und der Wiener Bezirksrat und gebürtige Kärntner Julian Schmid (23). Leer ging überraschend Sozialsprecher Karl Öllinger - auf der Wiener Liste auf dem unsicheren sechsten Platz - aus.

Für eine weitere Überraschung sorgte am Sonntag Peter Pilz. Dieser zog unmittelbar vor der Wahl seine Kandidatur für den Vorstand zurück. Offizielle Begründung: Zeitmangel. Ob nicht das knappe Abschneiden am Vortag der wahre Grund sei? "Ich spüre keine Verbitterung. 60 Prozent sind ein gutes Ergebnis", kontert Pilz. Aber selbst das grüne Urgestein ortet einen Generationswechsel: "Von den Alten werden nur noch die Besten gewählt. Ansonsten kommen die Jungen nach." Und Öllinger? Pilz: " Für den Karl tut's mir leid."

Im künftigen Bundesvorstand sind drei der vier Mitglieder neu. Erstmals gewählt wurden die Grazer Noch-Vizebürgermeisterin Lisa Rücker, die burgenländische Landesgeschäftsführerin Regina Petrik und der Wiener Klubobmann David Ellensohn. Sein Vorarlberger Amtskollege Johannes Rauch wurde als einziger Kandidat bestätigt.

Ein grüner Josef Cap

Doch zumindest abseits des offenen Mikrofons wurde auch Kritik laut. "Der Wunsch nach neuen Gesichtern ist immens groß, strategische Gedanken werden hinten angestellt, und es kommt zu Bauchentscheidungen, die nicht durchdacht sind", sagt der grüne Bundesrat Efgani Dönmez zum Standard. Man verliere mit einem Schlag "viel Know-how", was für die Grünen "ein Wahnsinn" sei. Dönmez: "Sigrid Maurer hat überhaupt keine Berufserfahrung. Die ÖH ist nett, aber für eine grüne Bildungssprecherin zu wenig. Da züchten wir uns einen grünen Josef Cap. Der hat auch nie etwas anders außer Politik gemacht."

Als "strategischen Fehler" bezeichnet Dönmez auch das Wahlziel von 15 Prozent: "Da wäre nur eine Dreierkoalition mit der ÖVP und SPÖ möglich. Und parallel läuft dann das grüne Volksbegehren gegen Korruption, wo wir den beiden Parteien eine auflegen. So wird eine Regierungsarbeit logischerweise unmöglich." (Markus Rohrhofer, DER STANDARD, 3.12.2012)