Veliki Boristof - Josko Vlasich ist ein Rocker. Fürs Gendern sind die normal nicht zu haben, eher fürs testosterongesteuerte Hotelzimmerverwüsten und fürs dann Hinausdröhnen: "Nema problema!"
Wenn man aber den Josko Vlasich jetzt, kurz vor Weihnachten 2012, fragt, wie, warum und vor allem was die Kuga zur Kuga macht - zu jenem mittlerweile in aller kroatischen Munde seienden Kulturzentrum in der Wüstenei des Mittelburgenlandes - dann wird die Rampensau der Rockpartie Bruji geradezu ehrlich.
Starke Frauen
"Was die Kuga ausgemacht hat und weiter ausmacht? Wir haben starke Frauen dabei gehabt!" Das habe - unter anderem - auch zur schönen Nachhaltigkeit der Nachwuchsorientierung des Projektes geführt, das Vlasich "in der Tradition der Wiener Arena" sieht.
Eine dieser starken Kuga-Frauen ist Gerlinde Stern-Pauer, Gründungsmitglied und aktuell wieder Obfrau der Kuga. Sie, der Josko und die anderen seien damals, Anfang der 1980er-Jahre, vor einem Lebensdilemma gestanden. Und aus diesem erst sei dann die Kuga entstanden.
Kuga ist die Abkürzung von Kulturna zadruga, das heißt Kultur-Genossenschaft. In Zeiten des real existierenden Jugoslawien klang das entsprechend provokant, zumal das Wort "kuga" auch "Pest" bedeutet. Gerlinde Stern-Pauer meint rückblickend, man habe halt "das Privileg der Jugend in Anspruch genommen, arrogant zu sein".
Ländliches Lebensdilemma
Das Dilemma war aber die Diskrepanz der burgenlandkroatischen Studenten in Wien, die ihre kulturellen Ansprüche und das Beharren aufs Krowodische übereinstimmen wollten. In Wien wären sie anstandslos assimilierte Wiener geworden.
In Großwarasdorf aber, daheim in Veliki Boristof, regierte sozusagen der Mief von 1000 Jahren - auch keine Perspektive. Stern-Pauer sagt das so: "Mit der Kuga wollten wir die Abwanderung stoppen, die Assimilierung bremsen, Arbeitsplätze schaffen."
Aus dem allem, sagt auch Josko Vlasich, der vom Jahr 2000 an zehn Jahre für die Grünen im Eisenstädter Landtag saß, ist im Grunde nicht wirklich was geworden: Die Jungen wandern weiterhin in die Zentren, das Burgenlandkroatische ist eine bedrohte Sprechweise. Arbeitsplätze? Na ja.
Interkulturalität und Krowodnrock
Vlasich und Stern-Pauer sind dennoch nicht unzufrieden, wenn sie so zurückschauen. Die Kuga ist in den vergangenen 30 Jahren zu einer Institution geworden, die weit übers Burgenlandkroatische hinaus wirkt. "Wir sind", sagt die Obfrau, "ja nicht einfach kroatisch, sondern interkulturell." Jedenfalls werde bei jeder Veranstaltung in zumindest zwei Sprachen geredet.
Mit dieser Interkulturalität begonnen haben Josko Vlasich und seine Bruji. Diese seit einigen Jahren wiederbelebte Band hat den "Krowodnrock" erfunden - Nema problema, Schwarzer Flieder -, sozusagen die Rockversion der Tamburica. In diesem Herbst feiert Bruji - das heißt: es brummt, es dröhnt - ihren 33. Geburtstag. Am 17. Dezember beehren die Krowodn das Wiener Chelsea, auch dieses Lokal ist ja nicht ganz unburgenländisch.
Schon am morgigen Dienstag feiert die Edition Lex Liszt 12 im Siebenstern in der Wiener Siebensterngasse den 20. Geburtstag. Der Oberwarter Verlag, der im Umfeld des OHO, des Offenen Hauses Oberwart, entstanden ist, hat das Burgenland schreiberisch ins Moderne gebracht. Auch das zu einem Gutteil volksgruppengewichtet. Die Oberwarter nehmen sich besonders der Roma an. (Wolfgang Weisgram, DER STANDARD, 3.12.2012)