Doha/Wien - Europa schneidet beim Klimaschutz weltweit am besten ab. Gründe dafür sind die Wirtschaftskrise und eine vergleichsweise gute Klimapolitik. Das geht aus dem neuesten Klimaschutz-Index hervor, den die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch am Montag am Rande der UN-Klimakonferenz in Doha vorgestellt hat. Spitzennoten verteilte Germanwatch in diesem Jahr aber nicht.
Die Plätze eins bis drei blieben wieder frei, da keines der 58 untersuchten Industrie- und Schwellenländer nach Ansicht der Autoren genug tut, um den Klimawandel zu bremsen. Bestplatziertes Land im Klimaschutz-Index 2013 ist Dänemark. Österreich bekam zwar etwas mehr Punkte (58,09 statt 54,3), konnte Rang 34 vom letzten Index aber nur halten.
"Solange die EU blockiert ist und sich nicht darauf einigen kann, die Emissionen bis 2020 um 30 Prozent zu reduzieren, werden sich die Länder der EU nicht mehr lange auf den vorderen Plätzen halten können", warnte Wendel Trio vom Climate Action Network Europe.
Wirtschaftskrise ein "kurzfristiger Faktor"
Die Experten lobten in Dänemark den Trend zu immer weniger CO2-Emissionen sowie die Klimagesetzgebung. Schweden folgt auf Rang fünf. "Für eine Überraschung sorgte in diesem Jahr der sechste Platz von Portugal", heißt es im Bericht. Bedingt durch die schwere Wirtschaftskrise seien dort - wie auch in Spanien, Italien, Irland und Griechenland - die Emissionen deutlich zurückgegangen. Anders als die übrigen Euro-Krisenländer habe Portugal aber seine positive Klimapolitik fortgeführt. Die Wirtschaftskrise sei nur ein "kurzfristiger Faktor", auf dem sich kein Land ausruhen dürfe.
Auch China (54) und die USA (43) hätten in den vergangenen Jahren massiv investiert. Das werteten die Autoren im Falle Chinas als einen "Lichtblick", da sich das Emissionsniveau dort immer weiter verschlechterte. Die USA hätten - ausgehend von einem sehr hohen Emissionsniveau - ihren CO2-Ausstoß deutlich senken können. Grund dafür seien aber vor allem wirtschaftliche Einbrüche gewesen. Kanada schnitt beim Klimaschutz als schlechtester der Industriestaaten ab (Platz 58).
Schlusslichter sind erneut Saudi-Arabien, Iran und Kasachstan. Sie sind abhängig von ihren Öl- und Gasexporten. "Einen Funken Hoffnung verbreitet Saudi-Arabiens Ankündigung, eine Investitionsstrategie in erneuerbare Energien vorzulegen", heißt es in der Studie. Katar wurde nicht bewertet. Bei den Emissionen aber schneide der Gastgeber der Klimakonferenz noch schlechter als Saudi-Arabien ab.
Berücksichtigte Faktoren
Für den Klimaindex bewerten die Experten die Höhe der Emissionen, den Emissionstrend, den Anteil erneuerbarer Energien und die Klimapolitik. Germanwatch hatte zusammen mit dem Climate Action Network (CAN Europe) 58 Länder untersucht, die für 90 Prozent der weltweiten, energiebedingten Kohlendioxidemissionen verantwortlich sind. Sie berücksichtigten Daten bis zum Jahr 2010. Im Bereich Politik wurden dagegen auch jüngste Entwicklungen einbezogen.
Kritik an Österreichs Klimapolitik
Harsche Kritik an Österreichs Abschneiden beim Klimaschutz-Index übten am Montag Umweltschutzorganisationen in ihren Presseaussendungen. "Das ist kein gutes Zeugnis für die heimische Klimapolitik, leider konnte der positive Trend der letzten Jahre nicht fortgesetzt werden", kommentierte die Global 2000 den 34. Platz unter 58 Industrienationen weltweit. Österreich hatte sich zuvor jährlich verbessert und von Rang 50 im Index 2009 auf Rang 34 im Index 2012 vorgearbeitet.
Hauptgründe für die Platzierung
Hauptgründe für das schlechte Abschneiden seien die Verfehlung der Kyoto-Ziele und die mangelhafte Umsetzung des Klimaschutzgesetzes in Österreich. "Im Jahr 2011 wurde der Sanierungsscheck neu aufgelegt und das Ökostromgesetz reformiert. Das waren deutliche Akzente der Bundesregierung in Richtung mehr Klimaschutz. Im Jahr 2012 wurde in Österreich aber überhaupt keine zusätzliche Klimaschutzmaßnahme ergriffen, obwohl die Kyoto-Ziele weit verfehlt werden. Mit einer Umsetzung des Klimaschutzgesetzes könnte sich Österreich aber wieder verbessern", betonte Global 2000-Klimaschutz-Sprecher Johannes Wahlmüller.
Das Klimaschutzgesetz, das seit gut einem Jahr in Kraft ist, habe bisher noch keines der gesetzlich vorgesehenen Ergebnisse geliefert: "Es gab bisher weder konkret umzusetzende Maßnahmen noch eine Zuordnung der Kompetenzen", so Wahlmüller.
Kritik an "Pseudo-Klimaschutzpolitik"
Kritik an Österreichs "Klimaschutz-Bremse" kam auch von Greenpeace: "Österreich folgt einem langjährigen Trend und zementiert sich im unteren Drittel der EU-Staaten ein", kritisierte Klimasprecherin Julia Kerschbaumsteiner. "Greenpeace fordert, dass Österreich nicht weiter Pseudo-Klimaschutzpolitik betreibt, indem Emissions-Zertifikate gekauft werden. Ein schlagkräftiges Energieeffizienzgesetz, die Ökologisierung der Pendlerpauschale, die Umsetzung der Sanierungs-Milliarde und der massive Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel sind Schritte, die jetzt nötig sind", so Kerschbaumsteiner.
Greenpeace kritisierte darüber hinaus den massiven Zukauf von Emissions-Zertifikaten, die es Österreich ermöglichen, die Klima-Verpflichtungen im Ausland abzugelten. "Mit dem Handel von Verschmutzungsrechten kauft sich Österreich von seinen Verpflichtungen frei", stellte die Klimasprecherin fest. (APA/red, derStandard.at, 3.12.2012)