Wien - Georg Olschak ist am Montagmorgen not amused. Der Grund des Ärgers des Vorsitzenden im Bestechungsprozess gegen Ernst Strasser: die Aussendung der beiden britischen Aufdeckerjournalisten vom Sonntag, wonach sie sehr wohl bereit wären auszusagen, was sich in der Vorwoche noch anders dargestellt hat.

Tatsächlich scheint es sich um ein Missverständnis gehandelt zu haben, wie sich nach Vermittlung des Standard herausstellte. Jonathan Calvert ging offenbar davon aus, dass Kameras während der Verhandlung zugelassen sind, beim österreichischen Gericht interpretierte man seine Forderung nach "Anonymity" als Wunsch nach Verhüllung.

Der von Vorsitzendem Olschak geplante Termin der Zeugenaussage am 13. Dezember erscheint aber fraglich, da Calvert in der Vorwoche eine Hüftoperation hatte und noch nicht klar ist, ob er nächste Woche reisefähig ist, wie er dem Standard erklärte. Am 11. Jänner, wenn auch der von der Verteidigung nominierte Entlastungszeuge Thomas Havranek aussagen will, sollte ein Kommen aber möglich sein. Olschak tritt nun mit Calvert in Kontakt.

Option Kameraverbot

Wie der Anonymitätswunsch des Journalisten erfüllt werden soll, ist noch nicht fix. Der Präsident des Landesgerichts hätte die Möglichkeit, ein Kameraverbot für das gesamte Gebäude zu erlassen. Eine andere Option ist, den Zeugen auf verschlungenen Wegen zum Warteraum zu bringen.

Als Zeuge aufgerufen wird Calvert am Montag von Olschak dennoch - aus formalen Gründen. Dann beginnt die Fragerunde mit Ernst Strasser, der wieder auf dem Anklagestuhl Platz nehmen muss. Olschak hält ihm dabei seine Aussagen aus zwei von dem Ex-Innenminister angestrengten Medien-Prozessen vor. Da hörte sich die Erklärung, warum er nicht zur Polizei gegangen ist, nämlich etwas anders an: Er habe "keine Zeit gehabt". Und: "Mein Vertrauen in die österreichischen Sicherheitsbehörden ist ein sehr hohes."

Im aktuellen Prozess argumentiert er dagegen, er dachte, beim Verfassungsschutz ausgelacht zu werden, wenn er für seinen Verdacht, es mit Agenten zu tun zu haben, keine Beweise habe. Was Olschak zu der Bemerkung veranlasst: "Sie wären ja wohl nicht abgewimmelt worden, es gibt dort ja Parteikollegen von Ihnen."

Erstmals präsentiert Strasser aber eine neue Entlastungszeugin: Seiner Lebensgefährtin habe er vom Geheimdienstverdacht erzählt. Ob diese aber auch als Zeugin aussagen wird, lässt Strasser-Verteidiger Thomas Kralik offen.

Auch von Staatsanwältin Alexandra Maruna kommen Vorwürfe. Er habe bei den Gesprächen mit den Journalisten nicht ständig gelogen, sondern sehr wohl von realen Aufträgen gesprochen. Etwa für die Austrian Airlines, aber auch andere Firmen seien leicht zu identifizieren. Strasser kontert, er habe "immer zum Schutze meiner Kunden und zum Schutze Österreichs agiert". Bei Angelegenheiten, die seine Tätigkeit als ÖVP-Europaparlamentarier tangiert haben, habe er "immer klar die Grenzen abgesteckt".

Am Dienstag wird fortgesetzt. (Michael Möseneder, DER STANDARD, 4.12.2012)