Kindheitstraumata zeitigen bei Trägern bestimmter Genvarianten spätere Störungen.

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München - Ein Trauma in der Kindheit kann schwere Folgen im Erwachsenenalter zeitigen. Misshandlungen oder Gewalt an nahe stehenden Personen können später zu posttraumatischen Belastungsstörungen und Depressionen führen. Allerdings lösen Traumata nicht bei allen Betroffenen diese Krankheiten aus. Ob der frühe Stress das Opfer tatsächlich krank macht, hängt auch von der genetischen Veranlagung ab.

Wissenschafter vom Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München haben nun herausgefunden, wie Kindheitstraumata Krankheiten in Erwachsenen auslösen. Für ihre im Fachblatt "Nature Neuroscience" publizierte Studie untersuchten sie das Erbmaterial von knapp 2000 Menschen, die im Lauf ihres Lebens schwer traumatisiert wurden. Ein Drittel von ihnen litt unter posttraumatischen Belastungsstörungen. Für die Träger einer speziellen genetischen Variante des FKBP5-Gens hatte das Erkrankungsrisiko mit steigender Schwere der Traumatisierung zugenommen. FKPB5 bestimmt, wie gut der Körper auf Stresshormone reagieren kann.

Für die Opfer, die Träger der FKBP5-Variante sind, führte die kindliche Traumatisierung zu einem physiologischen Unterschied. Die hohen Konzentrationen an Stresshormonen sorgten dafür, dass von der DNA eine bestimmte Methylgruppe abgespalten wurde. Das erhöhte die Aktivität von FKBP5 deutlich und auf Dauer. Studienteilnehmer, die im Erwachsenenalter traumatisiert wurden, zeigten dagegen keine solche Veränderung der DNA.

Die Erkenntnisse über Kombinationen von Umwelt- und genetischen Faktoren, die zu psychischen Krankheiten führen, sollen helfen, Patienten künftig individualisierter zu behandeln. (pum, DER STANDARD, 4.12.2012)