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Demonstranten tragen Verwundete von den umkämpften Straßen Kairos.

Foto: Nasser Nasser/AP/dapd

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Handgemenge zwischen Mursi-Unterstützern und Gegnern vor dem Präsidentenpalast in Kairo.

Foto: EPA/KHALED ELFIQI

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Vizepräsident Mahmud Mekki präsentierte einen Kompromissvorschlag.

Foto: EPA/EGYPTIAN PRESIDENCY/HANDOUT

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Ein Mursi-Anhänger bei einer Demonstration in Kairo am 2. Dezember.

Foto: Reuters/Dalsh

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Demonstrant in Kairo mit folgendem Schriftzug auf der Stirn: "Nein zur Verfassung, Nein zur Bruderschaft."

Foto: Reuters/el Ghany

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Polizisten vor dem Präsidenten-Palast in Kairo.

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Auch Stacheldrahtabsperrungen sollen ...

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... die Demonstranten daran hindern, zum Präsidenten-Palast vorzudringen.

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Doch das half nicht immer.

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Kairo - Im Streit um die ägyptische Verfassung drohen die Islamisten ihren Gegnern nun immer offener mit Gewalt. Am Mittwochabend kam es erneut zu gewaltsamen Ausschreitungen in Kairo. Ägyptischen Medienberichten zufolge wurden vor dem Präsidentenpalast Molotow-Cocktails zwischen Unterstützern und Gegnern von Präsident Mohammed Mursi geworfen, Augenzeugen berichten von wüsten Schlägereien. Dabei wurden mindestens fünf Menschen getötet und rund 350 weitere verletzt. Dies gab das ägyptischen Gesundheitsministeriums am Donnerstag bekannt. Auch aus anderen ägyptischen Städten wird von Straßenschlachten berichtet.

Die Islamisten, die in Sprechchören ihre Unterstützung für Präsident Mohammed Mursi bekundeten, feierten nach der Massenschlägerei ihren "Sieg" über die liberalen Demonstranten. Sie überpinselten Anti-Mursi-Graffiti, die Gegner der Islamisten am Vortag auf der Mauer vor dem Präsidentenpalast aufgemalt hatten. Inmitten des Chaos wurde bekannt, dass drei Berater des Präsidenten aus Protest gegen die Gewalt auf der Straße ihren Rücktritt erklärten. Der Politologe Seif Abdel Fatah verkündete seinen Rückzug am Abend in einem tränenreichen Interview mit dem TV-Sender Al-Jazeera live. Er erklärte, die komplette Elite des Landes sei eigennützig und habe nicht die Interessen der Bevölkerung im Blick. Die Website des Kairoer Tageszeitung "Al-Shorouk" meldete, auch Ayman al-Sayed und der Fernsehmoderator Amr al-Laithi hätten sich aus dem Beratergremium zurückgezogen.

 

Schon in der Nacht zuvor sind laut einem Sprecher der Sicherheitsbehörden sind bei Auseinandersetzungen rund um den Präsidentenpalast 40 Polizisten und 18 Demonstranten verletzt worden.In den vergangenen Wochen waren lediglich in sozialen Netzwerken vereinzelt Aufrufe zum Dschihad gegen die politischen Gegner aufgetaucht. Der Generalsekretär der Partei für Unversehrtheit und Entwicklung, die dem Islamistenbündnis unter Führung der salafistischen An-Nur-Partei angehört, Mohammed Abu Samra, sagte in der Nacht zum Mittwoch in einem Interview des Nachrichtensenders Al-Arabiya: "Wenn sie sich gegen die Legitimität stellen, dann werden wir äußerte Gewalt anwenden".

Der für seine radikalen Ansichten bekannte Fernsehprediger Abdullah Badr sagte in einer Talkshow des ägyptischen Islam-Senders Al-Hafez, die Christen seien es, die den Protest gegen Präsident Mohammed Mursi anführten. "Und wenn ihm auch nur ein Haar gekrümmt wird, dann reißen wir ihnen die Augen aus", fügte er hinzu.

Lösungsvorschlag des Vizepräsidenten

Versöhnlicher zeigte sich unterdessen der Vizepräsident des Landes. Mahmud Mekki hat im Streit um die geplante neue Verfassung seines Landes einen Lösungsvorschlag präsentiert. Vor dem Referendum am 15. Dezember könne eine Übereinkunft mit der Opposition über Änderungen erzielt und diese schriftlich festgehalten werden, sagte er am Mittwoch. Alle Beteiligten sollten das Dokument respektieren, bis nach den ersten Parlamentswahlen im kommenden Jahr formell die Verfassung entsprechend geändert werden könne.

Der Vorschlag sei seine Idee. "Ich bin mir sicher, dass wir in der Krise einen Durchbruch und einen Konsens erreichen werden, wenn nicht in den kommenden Stunden, dann in den kommenden Tagen", sagte er. Das Referendum selbst werde wie geplant stattfinden.

"Verschwinde, dieses Land ist unser Land"

Der islamistische Staatschef hatte den Präsidentenpalast in Kairo am Dienstag verlassen, nachdem sich Zehntausende von Demonstranten vor dem Gebäude versammelt hatten, die seinen Rücktritt forderten. Augenzeugen berichteten, abgesehen von einigen Graffiti habe es während der Proteste keine Sachbeschädigung gegeben. Mursis Gegner schrieben "Verschwinde, dieses Land ist unser Land" und "Deine Verfassung ist ungültig" an die Mauern, die den Palast umgeben.

Am Mittwochabend tauchten schließlich Mursi-Unterstützer auf, um die Demonstranten zu vertreiben.

Mursi-Gegner werden geklagt

Unterdessen wollen Unterstützer Mursis seine Gegner auf dem Umweg über die Justiz ausschalten. Der von Mursi im November ernannte Generalstaatsanwalt Talaat Ibrahim Abdullah ordnete am Mittwoch Ermittlungen gegen Friedensnobelpreisträger Mohammed ElBaradei, gegen den früheren Generalsekretär der Arabischen Liga, Amre Mussa, sowie gegen mehrere andere führende Oppositionspolitiker an. Das verlautete aus Justizkreisen in Kairo.

Grundlage für die Ermittlungen ist eine Anzeige des früheren Parlamentariers Mohammed al-Omda. Dieser hatte gegen die beiden Politiker sowie gegen den Vorsitzenden der Wafd-Partei, Sajjid al-Badawi, und den linken Aktivisten Hamdien Sabbahi Anzeige wegen "Aufstachelung der Bürger zum Umsturz" erstattet.

Am Dienstag hatte der Generalstaatsanwalt bereits eine Anzeige wegen "Spionage für Israel" gegen die gleichen vier Politiker und den Vorsitzenden der Berufsgenossenschaft der Richter, Ahmed al-Sind, an die Staatsanwaltschaft des Staatssicherheitsgerichts weitergeleitet. In der Anzeige, die der Anwalt Hamed Sadek eingereicht hatte, wird den fünf Männern vorgeworfen, sie hätten mit der früheren israelischen Außenministerin Tzipi Livni ein Komplott geschmiedet, um "interne Krisen" in Ägypten zu provozieren.

Seit Mursi sich am 22. November per Dekret weitreichende neue Befugnisse gesichert hatte, steckt Ägypten in einer tiefen Krise. Der islamistische Präsident untersagte der Justiz die Prüfung und Aufhebung seiner Beschlüsse und verbot die gerichtliche Auflösung der von den Islamisten dominierten verfassungsgebenden Versammlung, die im Eilverfahren den Entwurf des neuen Grundgesetzes absegnete. Am 15. Dezember soll nach dem Willen Mursis in einem Referendum über den Text abgestimmt werden. Nach Auffassung der Opposition schränkt er die Bürgerrechte ein. Liberale, Linke, Christen und andere Gruppen im größten arabischen Land werfen den Islamisten vor, mit der neuen Verfassung die Macht an sich reißen zu wollen. (red/Reuters/APA, 05.12.2012)