Jean-Claude Juncker hat schon öfter angekündigt, dass er als Chef und Sprecher der Eurogruppe aufhören will - und sich von den Partnerländern doch immer wieder zum Weitermachen überreden lassen, weil diese sich nicht auf einen Nachfolger einigen konnten. Insofern muss man bei der Aussage des Mannes der seit 1995 auch Premierminister von Luxemburg ist, etwas vorsichtig sein.

Aber aus seinem Umfeld gibt es klare Signale: Juncker sei einfach erschöpft. Und er habe sichergestellt, dass mit Yves Mersch nach monatelangem Kampf mit der Frauenlobby im EU-Parlament ein Luxemburger an die Spitze der Zentralbank gerückt sei. Womit wir beim Kern des Spekulierens und Streitens um die Besetzung dieser Spitzenpersonalie wären: Dabei geht es (wie bei der EZB) nicht (nur) um die beste Qualifikation eines Kandidaten. Die unterschiedlichsten Ansprüche und Interessen spielen eine Rolle.

Männlich oder weiblich; aus einem großen Euro-Land oder aus einem kleinen; Norden oder Süden; aus einem Staat mit Hartwährungstradition, wie Deutschland, Österreich, den Niederlanden, oder aus einem Abwertungs- und "Schuldenmacherland"; personell gut vertreten (wie Finnland mit Währungskommissar Olli Rehn und Italien mit EZB-Chef Mario Draghi) oder nicht - all das wird in die Waagschale gelegt. Am Ende steht meist ein Kompromiss. Dass Österreich zum Zug kommt? Nicht ganz auszuschließen. Ob Kanzler Faymann und Vize Spindelegger das wollen? (Thomas Mayer, DER STANDARD, 5.12.2012)