Finanzminister in der EU zu sein ist kein Honigschlecken. Noch bevor die Ratssitzung der 27 Dienstag in Brüssel überhaupt begonnen hatte, machten der Schwede Anders Borg und der Deutsche Wolfgang Schäuble klar: Man brauche rasch ein Sondertreffen.

Viel zu groß waren die Differenzen zwischen Eurostaaten und den EU-Staaten in der Frage, wie in der künftigen Bankenunion die Kompetenzen zu strengerer Aufsicht und Mitsprache in der Zentralbank (EZB) verteilt sind. Und heftig tobt der Streit zwischen (dem föderalen) Deutschland und (dem traditionell zentralistisch tickenden) Frankreich beim Thema, ob die künftig EZB-Aufsicht vollen Durchgriff auf nationale Aufsichten haben soll oder nicht.

Berlin lehnt das Zentralmachtmodell (wie auch Österreich) vehement ab, will den kleinräumig organisierten Bereich von Sparkassen und Genossenschaftsbanken schützen. Frankreich aber drückt mächtig aufs Tempo. Erst die Existenz einer Bankenunion schafft direkten Zugriff auf Hilfskredite aus dem Eurorettungsfonds (ESM) zur Bankenhilfe.

Verlaufen

Zwischen diesen Positionen verlaufen sich die Staaten, die den Euro nicht haben (wie Schweden und die meisten Osteuropäer). Sie haben nach geltendem EU-Vertrag keinen direkten Zugang auf die EZB- Geld- und -Aufsichtspolitik.

Das muss juristisch erst mal alles aufgelöst werden. Weil das beim Ecofin auch nach fast vier Stunden Diskussion unmöglich war, verkündete Zyperns Finanzminister Vassos Shiarly als derzeitiger EU-Ratsvorsitzender die Vertagung, kündigte ein Sondertreffen in Brüssel an: "Am 12. 12. 2012 um 11 Uhr, um vielleicht bis 12 fertig zu sein!" Gelächter im Saal.

Das ist kommenden Mittwoch, direkt vor dem Gipfel der Staats- und Regierungschefs, die sich dem Thema einer großen EU-und Euroreform inklusive Bankenunion widmen. Man hofft nun auf ein Machtwort "der Chefs" .

Trifft sich gut: In der Nacht hatte Jean-Claude Juncker nach dem Eurogruppentreffen Montag bereits ein Sondertreffen angekündigt: Er werde zum Jahresende als Chef der Gruppe zurücktreten. Bei einem Extra-Ministertreffen unmittelbar vor dem EU-Gipfel soll ein Nachfolger gefunden werden.

Berlin und Paris greifen zu

Die Spekulation, wer der Neue sein könnte, hat am Rande der EU-Finanzministertagung bereits voll eingesetzt. Es werde das "ein Regierungschef" sein, sagte die Österreicherin Maria Fekter, darauf angesprochen, ob sie eine mögliche Kandidatin sei. Gegen ihren harten Stil gibt es Vorbehalte, aber sie kommt in fiskalischer Hinsicht aus einem der Vorzeigestaaten der Eurozone mit Hartwährungstradition; das EU-Parlament pocht seit Monaten auf weibliche Kandidaten in Spitzenpositionen.

Fekter wäre aber, genauso wie ihr estnischer Kollege Jürgen Ligi oder Finnlands Jutta Urpilainen, bestenfalls eine Kompromissvariante, falls sich die Euro-Großmächte Deutschland und Frankreich nicht einigen. Seit Mai gibt es Pläne, das der Posten des Eurogruppenchefs aufgeteilt wird zwischen Schäuble und Pierre Moscovici. Unklar ist, wer anfängt. Oder ein Regierungschef folgt Juncker, auch das wird kolportiert. (Thomas Mayer aus Brüssel, DER STANDARD, Printausgabe, 5.12.2012)