Bukarest - Der Politologe Vladimir Tismaneanu spricht von einer "Apokalypse der Werte" in der Medienlandschaft und meint damit die Verleumdungs- und Hetzkampagnen, die in Rumänien seit der Machtübernahme durch die Sozialliberale Union (USL) im Mai und nun verstärkt während der Wahlkampagne in regierungsnahen Medien gegen kritische Stimmen betrieben werden.

Der in den USA lehrende renommierte Kommunismus-Experte Tismaneanu, der auch jene Kommission leitete, durch deren Forschungen das kommunistische Regime in Rumänien als verbrecherisch verurteilt wurde, steht wegen "möglicher Gesetzesverstöße" bei Telefon- und Projektabrechnungen beim Institut für die Untersuchung kommunistischer Verbrechen (IICMER) unter Anklage - von dessen Leitung hatte Ponta ihn handstreichartig entfernt. Die Vorwürfe bezeichnet Tismaneanu als "propagandistische Bombe" und betont, dass seine Aktivität beim IICMER ehrenamtlich erfolgte.

Ähnliche Hetze erfuhr auch das Rumänische Kulturinstitut (ICR) und dessen ehemaliger Leiter, der Physiker und Essayist Horia-Roman Patapievici. Trotz unbestreitbarer Erfolge bei der internationalen Bewerbung rumänischer Kultur wurde Patapievici als "Volksfeind", "Zerstörer der Nationalkultur" und sogar "Pornograf" beschimpft. Eine ganze Reihe von Artikeln und Sendungen widmete sich zudem der Aufdeckung eines vermeintlichen Propagandanetzwerks, das Basescu in ausländischen Redaktionen aufgebaut habe. Rumänien-Berichterstatter der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ), des Economist, der Deutschen Welle sowie von El País und Spiegel wurden als "Propaganda-Agenten" und undankbare Profiteure des ICR beschimpft, weil sie teilweise an dessen Stipendienprogrammen teilgenommen hatten.

Antiintellektualismus

Eine der stärksten Angriffe richtete sich gegen Rumäniens bekanntesten Schriftsteller, Mircea Cartarescu. Hätte er nicht den Großteil der Übersetzungsfinanzierungen des ICR für sich monopolisiert, könnten sich statt seiner andere, bessere Schriftsteller mit der Nominierung für den Nobelpreis loben, lautete eine der Anschuldigungen. Der "Antiintellektualismus" derartiger Aussagen sei durchaus mit der Propaganda eines totalitären Regimes vergleichbar, ist Tismaneanu der Meinung.

Bemerkenswert sind auch die Drohgebärden von Regierungsvertretern gegen Vertreter von Justizinstitutionen. Horia Georgescu, der Leiter der Integritätsbehörde (ANI), welche Vermögens- und Interessenverhältnisse von Politikern überprüft, wurde gedroht, dass sich "entweder ein paar Dinge klären, oder er geht". Wie die FAZ von Georgescu erfuhr, wurde dieser als "Affe" und "Abschaum", als alkohol- und drogensüchtig hingestellt, seine Familie von Kamerateams belagert. (Laura Balomiri, DER STANDARD, 6.12.2012)