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Ein gutgelaunter Dave Brubeck 2008 bei der Aufnahmezeremonie für die California Hall of Fame  in Sacramento.

Foto: REUTERS/The California Museum

Connecticut – Eines der bekanntesten Stücke der Jazzhistorie, das im 5/4-Takt beharrlich groovende Take Five, hatte Dave Brubeck zu spielen, wo immer er erschien. Es gab keine Wahl. Bei seinen Auftritten hatte diese Komposition mit ihrer bluesigen Melodik die obligate Zugabe abzugeben.

Das Stück allerdings stammt nicht von Brubeck selbst, sondern von seinem 1977 verstorbenen Partner, Altsaxofonist Paul Desmond. Allein, die Art und Weise, wie Brubeck das Stück deutete und wie er über die wenigen Akkorde improvisierte, ließ es quasi zu seinem eigenen Hit werden.

Der 1920 in Concord, Kalifornien, geborene Brubeck, war ein delikater, an der Klassik geschulter Improvisator – bei Arnold Schönberg gab es eine erste und zugleich letzte Unterrichtsstunde, Darius Milhaud hingegen wurde ein wichtiger Einfluss –, der über eine große Bandbreite an Ausdruckfacetten verfügte.

Er legte seine Soli entspannt und bisweilen kühl-kontrapunktisch an. Doch in einer Art elegantem Crescendo steigerte er seine Soli zu akustischen Kathedralen – bestehend aus am Höhepunkt hitzig tobenden Blockakkorden.

Das konnte bei Take Five – wegen der ekstatisch-repetitiven Struktur der Nummer – besonders gut zur Geltung kommen. Brubeck allerdings hatte es nicht nötig, sich im Kompositionslicht der Kollegen zu sonnen. Er schrieb selbst Klassiker, wobei Unsquare Dance (im 7/4-Takt) und Blue Rondo A La Turk (im 9/8) regelrecht Hitstatus erlangten.

Weiter Horizont

Hier entwarf ein kühl kalkulierender Musiker smarte Miniaturen von melodischer Prägnanz und rhythmischer Pointiertheit, die im Jazz nicht an der Tagesordnung stand. Brubeck war ein Musiker mit erweitertem Horizont: Er schrieb auch Oratorien wie Kammermusik und war sicher ein Vertreter des Third Stream, jener Strömung, die versuchte, Jazz und Klassik zu verschmelzen.

Zum Markenzeichen wurde indes vor allem das Dave Brubeck Quartet. Um den so kühlen wie süßen Ton des genialen Paul Desmond konnte Brubeck ein markantes Band-Klangbild aufbauen, das zum Inbegriff des (zum Mainstrem gewordenen) Modern Jazz wurde und nach Desmonds Tod mit dem Baritonsaxofonisten Gerry Mulligan eine etwas expressivere Note erlangte. Ohne allerdings Identität einzubüßen.

Dave Brubeck ist am Mittwochmorgen an Herzversagen gestorben. Er wäre am Donnerstag 92 Jahre alt geworden.    (Ljubiša Tošic, DER STANDARD, 6.12.2012)