Noch mehr Infos zu Windows Phone 8 sowie weitere Smartphone-, Tablet- und App-Tests finden Sie im Printmagazin "Windows Phone & Tablets", das am 13. Dezember 2012 erstmals erscheint. Auf www.windowsmag.de finden Sie weitere Details zum Heft.

Foto: Raphael Schön

Mit einer Länge von rund 130 und einer Breite von 71 Millimeter ist das Lumia 920 in etwa so groß wie ein Galaxy S3 oder ein Windows Phone 8X by HTC. Das Nokia-Smartphone bringt mit 185 Gramm aber deutlich mehr Gewicht auf die Waage.

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Die Rückkamera mit 8,7 Megapixel, Carl Zeiss-Optik und einer maximalen Blende von f/2.0 liefert auch bei schlechten Lichtverhältnissen sehr gute Ergebnisse. Der mechanisch arbeitenden Bildstabilisator leistet zudem hervorragende Arbeit.

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An der Unterseite des Lumia 920 befinden sich zwei Torx-Schrauben, der Mini-USB-Port sowie zwei Lautsprecher-Öffnungen.

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Das Windows Phone 8X by HTC (oben) ist an der dicksten Stelle mit rund 10 Millimeter etwa gleich dick wie das Lumia 920 (unten).

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Die einzigen beiden optischen Neuerungen von Windows Phone 8 sind beide auf diesem Screenshots zu sehen. Einerseits nehmen die Kacheln nun die komplette Breite des Bildschirmes ein, andererseits können diese Kacheln nun auch in der Größe 1 x 1 platziert werden.

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Im Display-Test der kostenlosen App "WP Bench Free" deckt das Lumia 920 (mitte) bei voller Helligkeit das komplette Helligkeitsspektrum ab. Das Windows Phone 8X (links) kommt bei voller Helligkeit nicht ganz heran, der ebenfalls auf maximale Helligkeit eingestellte S-AMOLED-Bildschirm des Lumia 820 (rechts) ist deutlich dunkler und bietet weniger Helligkeitsabstufungen.

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Die mobile Version des Internet Explorers funktioniert in Windows Phone 8 hervorragend. Auch komplexe Seiten werden zügig geladen und lassen sich ohne Ruckler zoomen oder verschieben.

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Mit der lichtstarken Optik lässt sich auch mit Straßenbeleuchtung ein sehr gutes Ergebnis erzielen.

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Der "Nokia City-Kompass" ist eine Augmentend Reality-App mit Städteführer-Avancen. Funktioniert in Summe gut, Apps wie Wikitude können so etwas aber schon lange.

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Ein Highlight in Sachen Software ist die App "Nokia Musik". Songs und Alben lassen sich in einem speziellen Store nicht nur kaufen, sondern es wird mit „Mix Radio" auch ein an Spotify erinnerndes Feature geboten.

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Es ist noch gar nicht so lange her, da dominierte Nokia unangefochten den Handymarkt. Doch wie es bei marktführenden Firmen nun mal häufig der Fall ist, ruhte sich das eigentlich für seine innovativen Ideen und mutigen Designs bekannte finnische Unternehmen etwas zu lange auf seinen Lorbeeren aus. Die Rechnung wurde im April 2012 präsentiert, als der in Südkorea ansässige Konzern Samsung nach 14 Jahren Nokia als größten Handy-Hersteller ablöste. In einer sich schnell wandelnden Branche wie dieser hält aber nichts ewig und so könnte das Lumia 920 durchaus jenes Gerät sein, mit dem Nokia - und gleichzeitig auch dem durch iOS und Android in die Ecke gedrängten Windows Phone - das große Comeback gelingt.

Robustes Schwergewicht

In Sachen Größe spielt das Lumia 920 in der Liga von überdimensionierten Android-Smartphones wie dem Galaxy S3 oder HTC One X+ und ist in etwa gleich groß wie die direkten Windows Phone 8-Konkurrenten HTC 8X und Samsung Ativ S. Mit 10,7 Millimeter ist es zudem etwas dicker, wo das Lumia 920 aber wirklich aus der Reihe tanzt, ist das Gewicht: Mit 185 Gramm ist es mit gehörigem Abstand das derzeit schwerste im Handel erhältliche Smartphone. Einzig das Galaxy Note 2, der 5,5 Zoll große Hybrid aus Smartphone und Tablet, kommt mit 180 Gramm beinahe an das Lumia 920 heran. Zum Vergleich: Das HTC 8X bringt 130 Gramm und das Ativ S 135 Gramm auf die Waage, somit sind diese beiden Geräten rund ein Drittel leichter als das Nokia-Smartphone. Das iPhone 5 ist mit 112 Gramm noch einmal deutlich leichter und dünner, besitzt dafür aber "nur" 4 Zoll Displaydiagonale.

Sollten Sie mit einem Kauf über das Internet liebäugeln, empfehlen wir Ihnen deshalb einen Besuch in einem Handy-Shop, um das Nokia-Flaggschiff zuvor einmal in Händen gehalten zu haben. Hat man das Lumia 920 über längere Zeit im Einsatz, gewöhnt man sich aber recht schnell an die 185 Gramm, vor allem weil das Smartphone trotzdem gut in der Hand liegt. Das Gewicht ist vor allem auf das hervorragend verarbeitete Unibody-Gehäuse aus Polycarbonat zurückzuführen, welches dafür sorgt, dass sich das Lumia 920 sehr solide und robust anfühlt. Außerdem dürfte der mechanisch arbeitende optische Bildstabilisator ebenfalls zum überdurchschnittlich hohen Gewicht beitragen - doch dazu später mehr.

Die seitlich verbauten Tasten, mit denen sich die Lautstärke regulieren, das Gerät ein- und ausschalten sowie die Kamera auslösen lassen, sind aus widerstandsfähiger Zirkonoxid-Keramik gefertigt und sitzen absolut bombenfest im Gehäuse. Man findet am Lumia 920 exakt zwei Anschlüsse, nämlich an der Unterseite einen microUSB-Anschluss zum Laden des Akkus oder zum Datentransfer mit einem PC sowie einen 3,5 Millimeter Klinkenanschluss am oberen Ende des Gerätes, mit dem das Smartphone mit handelsüblichen Kopfhörern oder Lautsprechern verbunden werden kann. Neben dem mittig platzierten Klinkenanschluss ist der SIM-Schacht zu finden, der sich mit einem Pin oder einer aufgebogenen Büroklammer öffnen lässt. Das Lumia 920 schluckt übrigens eine micro-SIM-Karte und noch nicht das kleinere Nano-Format.

Das Design des Lumia 920 ist wie auch das Gewicht Geschmackssache. Nokia versucht sich aber sowohl mit der Form als auch mit den erhältlichen Farben vom Smartphone-Einheitsbrei abzuheben: Während das Gerät in den Farben Weiß und Schwarz noch konservativ daherkommt, gibt es das Telefon auch in den knalligen Farben Gelb und Rot. Bei der schwarzen Variante wurde dem Gehäuse ein mattes Finish verpasst und die Oberfläche fühlt sich leicht rau an, bei den übrigen Farben kommt eine glänzende und sehr glatte Oberfläche zum Einsatz.

Flotter Dual Core und toller Bildschirm

Im Inneren des Lumia 920 arbeitet wie bei allen aktuellen Windows Phone 8-Geräten ein Chipsatz von Qualcomm. Konkret der MSM8960-Chip, der auch im HTC Windows Phone 8X, dem Ativ S sowie dem Nokia Lumia 820 verbaut ist. Dieser Qualcomm-SOC besteht aus einem Dual Core-Prozessor mit 1,5 GHz und einem Adreno 225 Grafikprozessor. In Kombination mit den verbauten 1 Gigabyte Arbeitsspeicher ist das Lumia 920 also in Sachen Leistung exakt auf einer Augenhöhe mit den Windows Phone 8-Topmodellen von HTC und Samsung - etwas, was wir auch mit der Benchmark-App "WP Bench" verifizieren konnten. Es verfügt somit über mehr als genug Leistung, um das Betriebssystem sowie sämtliche aktuelle Windows Phone 8-Apps flüssig und ohne Ruckler wiederzugeben.

Ein Highlight, mit dem sich das Gerät in Sachen Hardware dennoch abhebt, ist der Bildschirm: Die Oberfläche ist - wie bei Highend-Smartphones üblich - aus kratzfestem Gorilla Glass des US-Unternehmens Corning gefertigt. Anders als beim Vorgänger, dem Lumia 900, setzt Nokia diesmal beim Display-Panel nicht mehr auf die AMOLED-Technologie sondern hat sich für ein IPS LCD-Panel mit 4,5 Zoll und einer Auflösung von 1280x768 Pixel entschieden. Der Vorteil liegt darin, dass Farben auf LCDs realistischer wiedergegeben werden und das Display im Freien besser lesbar bleibt.

Nokia verpackt das Ganze in die Marketing-Begriffe "Pure Motion HD+" und "ClearBlack", bleibt genauere technische Details aber schuldig. Fest steht: Beim Schwarzwert zieht der LCD-Bildschirm gegenüber AMOLED-Displays klar den Kürzeren. Nichts desto trotz gehört der Bildschirm des Lumia 920 zum Besten, was es derzeit bei Smartphones gibt. Mit einer Pixeldichte von 332 Pixel per Inch erfüllt es beispielsweise auch das Apple-Buzzword "Retina" und schlägt das iPhone 5 mit seinen 325 Pixel per Inch knapp aber doch.

Pentaband LTE, Induktionsladung und handschuhfreundliches Display

Quasi als Trostpflaster für das hohe Gewicht bietet das Lumia 920 eine Reihe von Extras und Funktionen, die Sie bei der Konkurrenz vergeblich suchen. Wie beim Lumia 820 kann nicht nur im GSM- und UMTS-Netz telefoniert und gesurft werden, sondern auch im schnelleren LTE-Netz. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang, dass der volle Pentaband-Frequenzbereich von 800, 900, 1800, 2100 und 2600 MHz abgedeckt wird. Zur Info: Deutsche Mobilfunker nutzen vor allem die Frequenzen 800, 1800 und 2600 MHz, in Österreich und der Schweiz kommen hingegen vorwiegend 2600 MHz zum Einsatz. Mit dem Lumia 920 sind Sie also, einen entsprechenden LTE-Tarif und lokalen Netzausbau vorausgesetzt, in puncto LTE langfristig definitiv auf der sicheren Seite.

Der mit 2000 mAh im oberen Durchschnitt angesiedelte Akku ist fix im Gerät verbaut und kann auf zwei Arten geladen werden: entweder wie gehabt über den microUSB-Stecker an der Unterseite oder optional auch per Induktionsladung. Damit diese Funktion genutzt werden kann, ist der Kauf einer rund 60 Euro teuren Ladestation (Nokia DT-900) erforderlich. Diese muss mit einer Steckdose verbunden werden, das Lumia 920 kann daraufhin geladen werden, indem es flach auf diese Ladestation gelegt wird. Mit der kostenlosen Benchmark-App "WP Bench Free" erreichten wir bei maximaler Display-Helligkeit und 100 Prozent CPU-Auslatung eine Laufzeit von einer Stunde, 49 Minuten und 50 Sekunden. Zum Vergleich: das Lumia 820 schaffte eine Stunde und 50 Minuten und das HTC 8X hielt zwei Stunden und drei Minuten lang durch. Das sind natürlich extreme Bedingungen, im alltäglichen Gebrauch hält das Lumia 920 aber locker einen arbeitsreichen Tag und mehr durch.

Ein ebenfalls erwähnenswertes Extra ist die Möglichkeit, den Bildschirm sogar mit Handschuhen bedienen zu können. Mit sehr dicken Winterhandschuhen klappt das Ganze zwar nicht, mit dünneren Leder- und Wollhandschuhen lässt sich der Bildschirm des Lumia 920 aber tatsächlich noch perfekt bedienen. Das ist definitiv ein Pluspunkt, vor alle für jene unter Ihnen, die Wintersport betreiben oder sich generell auch im Winter viel im Freien aufhalten.

Lichtstarke Kamera mit optischem Bildstabilisator

Wer etwas von Digitalkameras versteht, der weiß: Megapixel allein sind nicht alles. Deshalb sind die 8,7 Megapixel der Lumia 920-Rückkamera nur ein Aspekt von vielen. Entscheidender ist da schon die Lichtstärke der verbauten Carl Zeiss-Linse, welche eine maximale Blende von f/2.0 besitzt und somit besonders lichtstark ist. Erstmals ist in einem Smartphone ein optischer Bildstabilisator verbaut, der hardwareseitig vor verwackelten Bildern in schwierigen Lichtverhältnissen schützen soll.

Und tatsächlich: Im Test entpuppte sich dieses Feature als mehr als nur ein Marketing-Gag von Nokia - auch wenn die vor einiger Zeit als Fälschungen enttarnten Presse-Bilder das Gegenteil vermuten ließen. Im Alltag macht sich der Bildstabilisator nicht nur bei Fotos, sondern vor allem bei der Aufnahme von (Full-HD-)Videos bemerkbar. Die Aufnahmen wirken deutlich ruhiger, das Zittern der Hände oder Bewegungen beim Gehen werden überraschend effektiv ausgeglichen.


Der optische Bildstabilisator des Lumia 920 macht sich vor allem beim Aufzeichnen von Videos bemerkbar, da dieser Bewegungen sehr zuverlässig ausgleicht.

Die Kamera des Lumia 920 brilliert in Summe vor allem bei schwierigem Licht ohne Zuhilfenahme des eingebauten LED-Blitzes. Wo Konkurrenz-Smartphones dunkle und rauschende Fotos liefern, macht das Lumia 920 immer noch verblüffend helle und klare Bilder. Im Freien bei Tageslicht oder in gut beleuchteten Räumen ist der Unterscheid zu anderen Geräten mit Top-Kameras, wie etwa das iPhone 5, das Xperia T oder das HTC 8X, weniger stark ausgeprägt. Die Frontkamera bietet branchenübliche 1 Megapixel, was für Videotelefonie ausreichend ist, bei Fotos aber gewohnt durchwachsene Ergebnisse liefert.

Beim Thema Foto und Video kann aber nicht nur die Hardware überzeugen, auch bei der Software hat Nokia einige Asse im Ärmel. Im Windows Phone Store finden sich unter "Nokia Collection" insgesamt vier Kamera-Erweiterungen, die als Zusätze zur integrierten Kamera-App installiert werden können. "Kreativstudio" ist ein simpler Foto-Editor, mit "Panorama" liefert Nokia die mittlerweile obligatorische Panorama-Funktion und "Cinemagramm" erlaubt es, Fotos mit Videos zu vermischen und so GIF-artige Animationen zu erstellen. Sehr cool ist die Funktion "Intelligente Bilder", die sich vor allem für Gruppenbilder eignet. Ist dieses Kamera-Addon aktiviert, fertigt das Lumia 920 beim Auslösen der Kamera-Taste fünf Bilder in Folge an. Nachdem Sie das Beste der fünf Fotos ausgesucht haben, können Sie - sofern die Software die Gesichter der fotografierten Personen erkennt - jedes einzelne Gesicht manuell aus den zuvor gemachten fünf Bildern auswählen und so die perfekte Aufnahme zusammensetzen.

Die Software: Windows Phone 8 mit Nokia-Extras

Anders als bei Smartphones mit Android-OS läuft auf sämtlichen Windows Phone 8-Geräten die exakt gleiche Betriebssystem-Oberfläche. Dennoch hat Nokia versucht, sich auf Seiten der Software von HTC und Samsung in der einen oder anderen Weise abzuheben. Konkret sind einige spezielle Apps mit an Bord, mit denen das Lumia 920 tatsächlich einen Mehrwert in Sachen Funktionsumfang bietet. Karten-Apps werden auf Smartphones häufig genutzt und Nokia setzt wie Google und Apple auf eine eigene Lösung. Online-Kartenmaterial wird bei der App "Nokia Karten" für 180 Länder geboten und lässt sich auf Wunsch auch lokal speichern. Satellitenfotos sowie Infos zu Öffis und Verkehr sind ebenfalls mit dabei.

Eine Navi-App ist in Form von "Nokia Drive+ Beta" an Bord, diese muss jedoch erst aus dem Windows Phone Store heruntergeladen werden - das liegt wohl an der Beta-Phase, in der sich die im Test tadellos funktionierende App noch befindet. Praktisch: Das für die definierte Route benötigte Kartenmaterial kann - wie bei "Nokia Karten" - vorab im heimischen WLAN heruntergeladen und auf dem Smartphone lokal gespeichert werden.

"Nokia Musik" ist eine Art Schaltzentral für Musik-Fans. Hier können in Nokias digitalem Musik-Shop Songs gekauft und Konzerte in der Nähe aufgespürt werden. Beim App-Feature "Mix Radio" handelt es sich um einen kostenlosen Streaming-Service im Stile von Spotify, bei dem Sie nach Künstlern suchen oder verschiedene Mix-Stationen ansteuern können. Der "Nokia City Kompass" ist ebenfalls auf Nokias Lumia-Geräten vorinstalliert. Die App hilft Ihnen dabei, diverse Lokalitäten wie etwa Restaurants, Hotels, Geschäfte, Sehenswürdigkeiten oder auch Öffis zu finden. Das Ganze wird aber nicht nur auf einer 2D-Karte angezeigt, sondern mittels Augmented Reality-Funktionen über das von der Rückkamera eingefangene Bild gelegt. Alternativ gibt es auch eine Listen-Übersicht mit Angaben zu Richtung und Entfernung.

Windows Phone 8 mit evolutionären Neuerungen

In Sachen Optik sind die Unterschiede zwischen Windows Phone 7 respektive 7.5 und Windows Phone 8 marginal - zumindest auf den ersten Blick. Wie bei der Ende 2010 erschienen Vorgängerversion besteht die grundsätzliche Benutzeroberfläche aus einem Bildschirm mit dynamisch in der Größe und Position veränderbaren Kacheln. Die bunten "Live Tiles" der "Modern Style UI" (aufgrund eines Rechtsstreits darf Microsoft die Bezeichnung "Metro" nicht mehr verwenden) machen nun aber von der kompletten Breite des Bildschirms gebrauch.

Die größte Neuerung in Sachen Benutzeroberfläche betrifft ebenfalls die Live Tiles: Diese lassen sich in Windows Phone 8 nämlich in insgesamt drei Größen platzieren. Wie bei Windoes Phone 7 und 7.5 gibt es Live Tiles in den Größen 2 x 2 sowie 4 x 2, neu ist aber die Größe 1 x 1. Dadurch lässt sich der Startbildschirm weitaus individueller gestalten als bisher.

Der Pfeil, mit dem zur App-Übersicht gewechselt werden kann, ist auf der Live Tile-Übersicht vom rechten Bildschirmrand nach ganz unten gewandert. Alternativ gelangen Sie wie gehabt mit einer Wischbewegung nach links zur gewohnten, alphabetisch sortierten Übersicht über alle installierten Apps. Schade ist, dass es nach wie vor keinerlei alternative Sortier-Filter gibt, mit denen Apps etwa nach Installationsdatum angezeigt werden können. Auch der Sperrbildschirm (bzw. Lockscreen) wurde mit neuen Features aufgepeppt.

Als Hintergrund lässt sich wie gehabt manuell ein Foto festlegen, alternativ können aber nun auch automatisiert Bilder von Bing, Facebook und anderen Apps von Drittentwicklern wie etwa CNN eingespeist werden. Außerdem lassen sich bis zu fünf Anwendungen definieren, zu denen Sie dann auf dem Sperrbildschirm Kurzinfos angezeigt bekommen. Zudem lässt sich eine App (etwa Kalender, Facebook oder Hotmail) festlegen, zu der es auf dem Sperrbildschirm fortan größer dargestellte Infos gibt. In Summe also praktische Neuerungen, die den Lockscreen im Vergleich zu den Vorgängerversionen deutlich aufwerten.

Weitere Neuerungen gibt es unter Haube des Betriebssystems zu begutachten: Anders als Windows Phone 7 und 7.5 werden endlich auch Dual-Core-Prozessoren und HD-Displays unterstützt. Zudem verwendet Windows Phone 8 mit dem "NT Kernel" den gleichen Betriebssystemkern wie Windows 8. Das ist gut so, denn der Kernel der Vorgängerversionen basierte immer noch auf dem antiquierten mobilen Microsoft-OS Windows CE.

Internet Explorer, Office und SkyDrive

Die mobile Variante des Windows 8-Browsers Internet Explorer ist hervorragend. Die Performance stimmt und selbst komplexe Webseiten lassen sich butterweiche scrollen und zoomen. Kein Wunder also, dass Microsoft bestehende Image-Probleme mit ebenso bissigen wie selbstironischen YouTube-Videos in den Griff zu bekommen versucht.

Ein weiteres Highlight ist die nahtlose Integration von Microsoft Office und den Cloudspeicher-Dienst SkyDrive. Über die App "Office" haben Sie Zugriff auf lokale oder in der Cloud gespeicherte Word, Excel und Powerpoint-Dokumente. Zum Betrachten und Vornehmen von kleineren Änderungen reicht die Smartphone-Version von Office aus, wirklich produktives Arbeiten ist damit aber natürlich nicht möglich. Auch andere vorinstallierte Apps wie etwa der Foto-Hub lassen sich nahtlos mit dem SkyDrive-Speicher verbinden, der 7 GB kostenlosen Online-Speicherplatz bietet. Hier ist Microsoft also mit Apples iCloud und Google Drive auf Augenhöhe.

Windows Phone 8 mit Kinderkrankheiten

Die jüngst erschienen Iterationen von Apples iOS und Googles Android waren nicht gerade bugfrei. Bei iOS 6 machte vor allem die Karten-App Schlagzeilen, Google sorgte anfangs mit allerlei Performance-Problemen und einem vergessenen Dezember für Verwirrung. Da scheint es beinahe zum guten Ton zu gehören, dass auch Microsoft Windows Phone 8 nicht ganz fertig ausliefert. Zahlreiche Benutzer berichten in diversen Foren von einem Reboot-Problem, bei dem sich Geräte wie das Windows Phone 8X by HTC oder das Lumia 920 mehrmals täglich neu starten. Microsoft hat für Dezember eine Lösung via OTA-Update versprochen. Es scheint sich aber um ein nur vereinzelt auftretendes Problem zu handeln, denn bei unserem Testgerät gab es auch nach rund zwei Wochen ständiger Nutzung kein einziges Mal einen Reboot.

Dass die Akku-Leistung nicht allzu berauschend ist, haben wir aber ebenfalls festgestellt. Auch hier will Microsoft per Update nachbessern. Über das mangelhafte App-Angebot von Windows Phone 8 wurde schon viel geschrieben. Es zeichnet sich immerhin bereits Besserung ab und der Windows Phone Store wächst schnell, auch wenn ein baldiges Aufschließen an Android und iOS verdammt schwer werden dürfte.

Viele grundlegend notwendige Apps sind aber vorinstalliert, im Falle des Lumia 920 bieten auch die Nokia-Apps einen richtigen Mehrwert. Die offizielle Youtube-App von Microsoft ist aber ein schlechter Witz, denn der Icon ist lediglich Link auf die mobile Webseite im Browser. Überdies gehen einige grundlegende Funktionen von iOS und Android ab, allen voran eine Art Benachrichtigungsmenü. Microsoft gab dies sogar offen zu und meinte - wie die Kollegen von TheVerge berichteten -, dass ihnen bei der Entwicklung die Zeit für ein derartiges Feature schlicht davongelaufen sei. Es ist also davon auszugehen, dass etwas derartiges in einem der nächsten größeren Updates enthalten sein wird.

Eingeschränkte Verfügbarkeit, hoher Preis

Während das Lumia 920 in Deutschland bereits erhältlich ist, hat Nokia in Österreich das wichtige Weihnachtsgeschäft verschlafen. Ab Jänner wird es das Smartphone endlich bei uns geben, jedoch auch nur eingeschränkt: T-Mobile und Orange haben bereits klar gestellt, dass sie das Lumia 920 nicht anbieten wollen. Wer sich das Gerät abseits von Mobilfunkverträgen zulegen will, zahlt in diversen Online-Shops aktuell mindestens 649 Euro. Das ist für Nokia natürlich bitter, denn ein direkter Konkurrent, das Windows Phone 8X by HTC, ist bereits seit Anfang November flächendeckend für rund 500 Euro erhältlich.

Fazit

Das Lumia 920 ist insgesamt das aktuell beste Windows Phone 8-Smartphone. Nokia setzt auf bewährte Tugenden, wie eine exzellente Verarbeitung sowie exklusive Soft- und Hardware-Funktionen. Wer die derzeit beste Smartphone-Kamera will und auf LTE, Induktionsladung oder spezielle Nokia-Apps nicht verzichten möchte, ist beim Lumia 920 richtig. Für Windows 8-Puristen ist hingegen sicherlich auch das Windows Phone 8X by HTC eine Option, vor allem weil dieses beim Gewicht weitaus weniger auf die Waage bringt.

Die Chancen stehen gut, dass dem angeschlagenen Handykonzern ein Comeback gelingt. Ob dies tatsächlich passiert, entscheiden aber die Kunden und langfristig auch die allgemeine Popularität von Windows Phone 8. In Sachen Verkaufspreis ohne Vertrag spielt das Lumia 920 beinahe schon in der iPhone-Liga, zudem wird das Smartphone erst ab Jänner 2013 offiziell bei Mobilfunkanbietern in Österreich angeboten. Zumindest hierzulande ist das Weihnachtsgeschäft also bereits gelaufen. (Raphael Schön, derStandard.at, 9.12.2012)