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Ob eine Magenoperation einem Diabetiker auch langfristig nützt, ist noch ungewiss.

Foto: APA/David Ebener

Kann eine Operation an Magen und Dünndarm die Zuckerkrankheit heilen? Eine Studie mit 400 nur mäßig übergewichtigen Diabetikern untersucht unter der Federführung der Chirurgischen Universitätsklinik Heidelberg, ob ein "Magenbypass", bei dem der größte Teil des Magens ausgeschaltet wird, den Blutzuckerspiegel und die Stoffwechselsituation normalisieren und dadurch Spätschäden des Diabetes verhindern kann.

Die Studie baut auf den positiven Ergebnissen früherer Untersuchungen auf: Bei übergewichtigen Patienten führt ein Magenbypass nicht nur zur Gewichtsreduktion, sondern meist auch zur Heilung oder Besserung des Diabetes, so dass kein Insulin mehr gespritzt werden muss. Eine Heidelberger Pilotstudie, an der 20 nur mäßig übergewichtige Diabetiker teilgenommen haben, hat ebenfalls bereits erfolgversprechende Ergebnisse erzielt.

Internationale Studien haben zudem ergeben, dass der Blutzucker bei Übergewichtigen und Diabetikern durch die Operation normalisiert werden kann. In einer kürzlich publizierten schwedischen Studie im "New England Journal" (2012;367:695-704) wurden rund 1.700 operierte Patienten mit 1.800 medikamentös behandelten Patienten nachträglich verglichen: Nach 15 Jahren hatten 392 mit Medikamenten behandelte, aber nur 110 operierte Patienten einen Diabetes mellitus Typ 2 entwickelt. Bei anderen kontrollierten Studien ist der Untersuchungszeitraum bislang auf Monate bis wenige Jahre nach der Operation beschränkt.

"Erste klinische Studien zeigen positive Ergebnisse, aber bevor die Operation in die klinische Routine eingeführt wird, müssen wir wissenschaftliche Gewissheit haben, dass sie den Diabetikern langfristig tatsächlich nützt und keine Langzeitschäden auftreten", erklärte der Geschäftsführende Direktor der Chirurgischen Universitätsklinik Heidelberg, Markus W. Büchler.

Veränderte Hormonausschüttung im Darm

In Deutschland leiden fast acht Millionen an Typ-2-Diabetes, zwei Millionen werden mit Insulin behandelt. Nach Schätzungen liegen die Behandlungskosten pro Patienten bei circa 6.000 Euro pro Jahr. Vielen Patienten drohen langfristig schwere Gefäßschäden an Nieren, Augen und Herz. "Die Zahl der Diabetiker steigt nach wie vor", sagte Peter Nawroth, Ärztlicher Direktor der Abteilung Endokrinologie und Klinische Chemie am Universitätsklinikum Heidelberg. "Trotz optimaler medikamentöser Therapie, können wir Langzeitschäden oft leider nicht verhindern."

Warum die Bypass-Operation wirkt, ist derzeit noch nicht bekannt. Die Verkleinerung des Magens und die Verkürzung der Verdauungsstrecke in Magen-Darm durch "Umleitung" des Nahrungsbreis sorgen dafür, dass weniger Nahrungsbestandteile aufgenommen und verwertet werden. So gelangt durch die Umgehung des Zwölffingerdarms vergleichsweise unverdauter Nahrungsbrei in die unteren Dünndarmabschnitte. Diese Umleitung ist Auslöser für eine Veränderung der Hormonausschüttung im Darm.

Bei der DiaSurg-2-Studie soll der Wirkmechanismus untersucht werden. Alle 400 Patienten werden zunächst von internistischen Diabetes-Experten untersucht und nach den modernsten Richtlinien behandelt, bevor sie einer der beiden Studiengruppen - mit oder ohne Operation - zugeordnet werden.

Minimal-invasive Schlüssellochtechnik

Mit häufigen Komplikationen durch die Operation, die minimal-invasiv, also ohne großen Bauchschnitt durch Einführen feiner OP-Instrumente durch die Bauchdecke durchgeführt wird, ist voraussichtlich nicht zu rechnen. Weltweit wurden damit bereits Zehntausende übergewichtiger Patienten behandelt. "Die Komplikationsrate der Magenbypass-Operation liegt bei übergewichtigen Patienten, die ein höheres Risiko als die weniger übergewichtigen Diabetiker haben, bei circa 10 Prozent", erklärte Beat Müller, Leiter der Sektion Minimal-Invasive Chirurgie, der für die Studienleitung verantwortlich zeichnet. Die schonende Technik sorgt zudem dafür, dass die Patienten schon bald nach der Operation wieder fit sind. (red, derStandard.at, 6.12.2012)