Wien - Der Rechnungshof sieht von 57 seiner Empfehlungen, die das Kontrollorgan dem ORF im Jahr 2009 als Hausaufgabe mitgegeben hatte, 33 vollständig und 21 teilweise umgesetzt. Für zwei Empfehlungen lagen im überprüften Zeitraum keine Anwendungsfälle vor, stellt der Rechnungshof nun fest. Ein Ratschlag wurde nicht umgesetzt, nämlich die Umstrukturierung des Stiftungsrats - doch dafür ist der Gesetzgeber und nicht der ORF selbst zuständig.

Der Rechnungshof formuliert freilich 31 weitere "Empfehlungen" an den ORF, etwa einen neuen Kollektivvertrag ohne Sonderregelungen, "in dem alle Besserstellungen im Vergleich zum allgemeinen Arbeitsrecht beseitigt werden. Die Eingliederung aller Arbeitnehmer in diesen Kollektivvertrag wäre anzustreben."

Er fordert zudem höhere Produktivität, weitere Kostenreduktionen, Sparen an Pensionen, die Ausstattung ausgliedern (sie verlegt der ORF nun in eine Marketingtochter, in deren Management auch Artdirektor Michael Hajek kommt), nur noch je eine Tochterfirma für Marketing und Werbung, neue Redaktionsstrukturen, die TV, Radio, Web vereinen, koordinierte Wetterberichte. Auch
einheitliche Regeln für Nebenjobs und Beteiligungen fordert der Rechnungshof.

Konkret werden etwa Facility-Management und Radio-Symphonieorchester erwähnt und grundsätzlich wären "jene Geschäftsbereiche zu identifizieren, die mittel- bis langfristig für ein Outsourcing aufgrund von wirtschaftlichen oder anderen Erwägungen in Betracht kommen".

Von der Technischen Direktion verlangt das Kontrollorgan weitere Restrukturierungsmaßnahmen. Außerdem müsse die Auslastung der Produktionsbetriebe sowie der Übertragungswägen gesteigert werden und unter Berücksichtigung der Kosteneffizienz wären weitere Fremdleistungen in Anspruch zu nehmen.

Beteiligungen an Unternehmen, die kein betriebsnotwendiges Vermögen darstellen, wären zu veräußern, hieß es.

ORF-Stiftungsräte wehren sich gegen Rechnungshof-Urteil

Der ORF verfügt laut Rechnungshof "nach wie vor über kein arbeitsfähiges, mit Beschlusskompetenz ausgestattetes Aufsichtsratsgremium". Das Kontrollorgan empfiehlt deshalb nach wie vor eine neue Struktur des Stiftungsrats. Der ORF selbst gab zu dem im September übermittelten Rohbericht keine Stellungnahme ab. Lediglich der Stiftungsrat antwortete und wies dabei die Kritik des Rechnungshofes zurück. Diese würde der Arbeitsweise des Stiftungsrats in keiner Weise Rechnung tragen, vielmehr könne an der Arbeitsfähigkeit oder Beschlussfassungskompetenz kein Zweifel bestehen, findet das Gremium selbst

Die ORF-Stiftungsräte wehren sich gegen das Rechnungshof-Urteil, wonach das oberste ORF-Aufsichtsgremium nicht arbeitsfähig sei. An Arbeitsfähigkeit oder Beschlusskompetenz des Stiftungsrats könne kein Zweifel bestehen, hieß es am Donnerstag aus dem Gremium. Der Stiftungsrat habe seit der Rechnungshofprüfung 2008 157 Beschlüsse gefasst, davon 55 einhellig und 102 einstimmig.

In mehreren Finanzplänen wurde etwa die Reduktion von Kosten und Personalstand sowie Maßnahmen zur Bewältigung der Auswirkungen der Wirtschafts- und Finanzkrise beschlossen, die Einführung neuer Spartenkanäle, zusätzliche Investitionen in Eigenproduktionen, die Einführung der TVthek sowie von HD-Programmen auf ORF eins und ORF 2 mitermöglicht, betonte ein Mitglied des Gremiums. Auch mit den Neuerungen im ORF-Gesetz von 2010 seien wichtige Beschlüsse gefällt worden. Die Wahl der ORF-Geschäftsführung und die Neufestlegung des Programmentgelts wären ohne Beanstandungen der Medienbehörden über die Bühne gegangen. Und die Vorarbeiten für eine mittel- und langfristige Unternehmensstrategie hätten inzwischen begonnen. So habe der Stiftungsrat etwa eine Zukunftsklausur für den ORF initiiert, hieß es aus dem Gremium.

Unterstützung für die Mitglieder des obersten ORF-Aufsichtsorgans kam auch von ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz. "Der Stiftungsrat hat in den letzten Jahren der Umstrukturierung den Restrukturierungskurs im ORF voll mitgetragen und auch alle Beschlüsse zeitgerecht gefasst. Aus Sicht der Geschäftsführung ist die Feststellung des Rechnungshofs, dass der Stiftungsrat nicht arbeitsfähig sei, deshalb nicht zu teilen", sagte Wrabetz. (APA, red 6.12.2012)