Das Computermodell zeigt, wie Gesteinsfalten im dreidimensionalen Raum entstehen und sich bisweilen miteinander verbinden.

Foto: Universität Wien

Der Entstehungsprozess von Gesteinsfalten wird anhand von zweidimensionalen Profilen bereits seit Jahrzehnten genau untersucht. Weniger bekannt ist dagegen das Wachstum dieser geologischen Falten im dreidimensionalen Raum. Wissenschafter von der Uni Wien und der Universität Lausanne haben nun mit Hilfe von Computermodellen gezeigt, wie sich Gesteinsfalten während der Verkürzung der Gesteinsschichten zu großen, länglich gezogenen Faltengürtel entwickeln können. Faltengürtel sind insbesondere von wirtschaftlichem Interesse, da sie etwa 15 Prozent der weltweiten Kohlenwasserstoffreserven, unter anderem fossile Brennstoffe wie Erdöl und Erdgas, beheimaten.

Geologische Falten sind Krümmungen von geologischen Grenzflächen, wie etwa die Schichtung von Sedimentgesteinen oder der Lagenbau metamorpher Gesteine. "Gesteinsfalten variieren in ihrer Größe von mikroskopischen Strukturen bis zum Maßstab von Bergen, wo sie ganze Gebirge in Form von länglich gezogenen Faltengürtel bilden", erklärt Bernhard Grasemann, Professor für Allgemeine Geologie und Geodynamik und Leiter des Departments für Geodynamik und Sedimentologie an der Universität Wien. Diese Faltengürtel sind an tektonischen Plattengrenzen entstanden - durch Kollision von Kontinenten - und Bestandteil aller großen Gebirge, wie beispielsweise den Alpen, dem Zagros-Gebirge (Iran, Irak) oder dem Himalaya.

Obwohl die Gesteinsdeformation in Form von Verfaltung in zweidimensionalen Profilen seit Jahrzehnten Gegenstand geologischer Untersuchungen ist, haben sich bisher kaum Studien mit dem dreidimensionalen Wachstum von Falten beschäftigt. In der gemeinsamen Publikation zeigen Bernhard Grasemann und sein Schweizer Fachkollege Stefan Schmalholz anhand von dreidimensionalen Computermodellen und natürlichen Beispielen aus dem Zagros-Gebirge im Irak, wie sich Falten während der Verkürzung der Gesteinsschichten zu großen länglich gezogenen Faltengürtel entwickeln können. "Am Beginn der Verkürzung entstehen isolierte Falten, die sich bei weiterer Verkürzung geradlinig oder schräg mit anderen Falten verbinden können", fasst Grasemann die Ergebnisse zusammen: "Ist der Abstand zwischen zwei seitlich wachsenden Falten zu groß, dann verbinden sich die Falten nicht."

Sattelflächen verbinden getrennte Falten

Dabei verbinden sich die Falten über sogenannte "Sattelflächen" - als Sattelfläche wird in der Geometrie eine Fläche bezeichnet, die in den beiden Hauptrichtungen entgegengesetzt gekrümmt ist, wie etwa ein Pferdesattel. "Das ist deshalb bedeutend, weil man durch Erkennen dieser Positionen ursprünglich getrennte Faltensegmente identifizieren kann", erklärt der Geologe. Auch für die Wirtschaft sind die neuen Erkenntnisse von großer Relevanz: "Die Faltenverbindungen ermöglichen das Migrieren von Kohlenwasserstoffen von einer Falte in das seitlich anschließende Faltensegment. Dadurch lässt sich die mögliche Ausbreitung von Kohlenwasserstoffen vorhersagen", erklärt Grasemann. Die Forscher veröffentlichten ihre Erkenntnisse in der Fachzeitschrift "Geology". (red, derStandard.at, 08.12.2012)