Nach STANDARD-Berichten über verlustreiche Spekulationsgeschäfte wurde das Land Salzburg nervös.

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Salzburg/Wien - Die Derivatgeschäfte des Landes Salzburg sind zum Kriminalfall geworden. Nach Darstellung von Finanzreferent David Brenner (SPÖ) soll eine Referatsleiterin der Finanzabteilung des Landes im Alleingang zumindest 340 Millionen Euro mit riskanten Fremdwährung-Swaps verzockt haben.

Die Aufklärung des komplizierten Falles stehe aber erst am Anfang, sagt Brenner, der Donnerstagnachmittag die Öffentlichkeit informiert hat. Zeitgleich hat Brenner auch die Staatsanwaltschaft eingeschaltet. Die Landesregierung will nun - zusätzlich zur internen Kontrolle - ein eigenes externes "forensisches Expertenteam" engagieren, um die Manipulationen aufzuklären.

Der Stand der Ermittlungen laut Brenner derzeit: Die Referatsleiterin, für die die Unschuldsvermutung gilt, habe vermutlich seit 2001 eigenmächtig Risikogeschäfte getätigt. Die aus diesen Geschäften entstandenen Buchverluste in der Höhe von zumindest 340 Millionen Euro dürften vor allem in den Jahren 2006 und 2007 entstanden sein.

Frei nach dem "Prinzip Hoffnung", glaubt Brenner, dass das "rechnerische Minus" das Landesbudget nicht unmittelbar belastet. Mittelfristig plant Brenner einen "kontrollierten Ausstieg" aus dem gesamten Spekulationsgeschäft. Derzeit läge man mit dem aktuellen Portfolio bei einem Plus von 130 Millionen.

"Die Mitarbeiterin hat sämtliche Sicherheitsnetze durchschlagen", sagt Brenner. Mit gefälschten Unterschriften sei das für Derivatgeschäfte verpflichtende Vier-Augen-Prinzip umgangen worden, mit manipulierten Protokollen seien nicht nur insgesamt drei Finanzlandesräte sondern auch der Finanzbeirat des Landes sowie der Landes- und Bundesrechnungshof getäuscht worden.

Auch wenn die Salzburger im Detail noch nicht wissen, was in der Finanzabteilung genau vor sich gegangen ist, das Prinzip der jahrelangen Manipulationen glaubt man durchschaut zu haben. Demnach dürfte die Referatsleiterin die Buchverluste jahrelang in der "durchlaufenden Gebarung" untergebracht haben. Weil sie die Buchverluste aufholen wollte, sei sie immer neue hochriskante Geschäfte eingegangen. Die Mittel dafür dürften aus Barvorlagen des 2002 zur KESt-Ersparnis gegründeten "Versorgungs- und Unterstützungsfonds des" Landes gekommen sein.

Zweifel an der Version

Allerdings gibt es Zweifel an der Darstellung des Landes. Dem STANDARD liegen - wie berichtet - Dokumente über riskante Swaps u. a. in isländischer und türkischer Währung vor, die auch Brenner und Landes-Finanzchef Eduard Paulus bekannt sind. Berechnungen, wonach diese Finanzprodukte aufgrund der Währungsentwicklung schwer unter Wasser sein müssen, wurden von Brenner mehrmals als falsch zurückgewiesen. Das Portfolio stamme aus ÖVP-Zeiten und sei "zu keinem Zeitpunkt im Minus" gewesen, sagte der SPÖ-Landesrat dazu vor eineinhalb Monaten.

Ebenfalls nicht zu den jetzt präsentierten Informationen passt, dass Salzburg laut Marktteilnehmern seit Wochen hektisch versuche, verlustreiche Positionen glattzustellen. Dazu holte man sich übrigens auch tatkräftige Hilfe: Der früher auf der Seite der Deutschen Bank tätige Derivate-Betreuer wechselte auf die Seite des bisherigen Kunden. (Thomas Neuhold, Andreas Schnauder, DER STANDARD, 7.12.2012)